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Frau Prof. PAN Yaling

© PAN Yaling

Mitglied des Anleitungskomitees für Germanistik als Studienfach an chinesischen Hochschulen und des wissenschaftlichen Beirats des sowie Redaktionsmitglied bei „Germanistische Kulturwissenschaften“

Prof. PAN Yalings Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen interkulturelle (Wirtschafts-) Kommunikation, Vermittlung und Förderung interkultureller Kompetenz, interkulturelles Training, interkulturelle Sprachlehrforschung, Sprachlerntheorie und Dolmetschen Chinesisch/Deutsch und Auslandsgermanistik/ Deutsch als Fremdsprache.

Frau Professor PAN Yaling ist eine der wenigen chinesischen Expertinnen und Experten, die sowohl Anerkennung von Wissenschaftlern als auch von Politikern in Deutschland genießen. Am 24. Mai 2018 hat sie in Beijing als eine von acht Repräsentanten chinesischer Kulturschaffenden am Roundtable-Gespräch mit Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel teilnehmen dürfen. Ebenso wurde sie als eine Repräsentantin Chinas aus Kultur und Wissenschaft für ein Gespräch am Runden Tisch mit Frank-Walter Steinmeier, damals Außenminister, im April 2016 ausgewählt.

Wussten Sie schon während Ihrer Studienzeit, dass Sie es nach Deutschland ziehen würde? Warum hatten Sie sich damals für Deutschland entschieden? Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an Ihre Förderzeit denken?

Ich habe an der  mein Bachelor- und Masterstudium in Germanistik abgeschlossen. Als Germanistikstudentin träumte ich natürlich davon, in Deutschland zu studieren. Aber zu diesem Zeitpunkt – der 30 Jahren zurückliegt – gab es nur sehr wenige Möglichkeiten, ein Auslandsstudium anzutreten. Ich hatte das große Glück, dass ich Ende 1990 für das, von der  durchgeführte, Fortbildungsprogramm für hochqualifizierte Dolmetscher und Übersetzer der VR China am Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaft der Johannes Gutenberg Universität Mainz ausgewählt wurde, so dass ich die Möglichkeit hatte, von 1991 bis 1993 in Deutschland zu studieren.

Anfang 1991 waren Deutschland und China in vielerlei Hinsicht noch sehr unterschiedlich. Ich bin daher sehr froh, dass ich während meiner 2-jährigen Studienzeit einen deutschen Freundeskreis aufbauen konnte, mit dem ich noch viele Jahre befreundet blieb. Mein tiefster Eindruck war zu diesem Zeitpunkt, dass wir, trotz unserer unterschiedlichen kulturellen Prägungen, als Menschen einander sehr nahekommen können. Das war für mich eine wunderbare Erfahrung.

Wenn Sie nun an Ihre Deutschlandaufenthalte zurückdenken: Gibt es Situationen, die Sie besonders geprägt haben?

Was mich während meiner Studienaufenthalte in Deutschland besonders geprägt hat, waren weniger das eine oder das andere Ereignis, sondern vielmehr die Menschen, die ich in Deutschland näher kennen- und zu schätzen gelernt habe; und der stetige Interaktionsprozess mit ihnen, der Kommunikation und Integration unterschiedlicher Perspektiven erforderte. Im Prozess der interkulturellen Kommunikation mit ihnen habe ich meine interkulturelle Lernkompetenz entwickeln können.

Sie haben Ihr berufliches Leben der Forschung und Lehre gewidmet: Wie haben Ihre persönlichen Auslandsaufenthalte dazu beigetragen?

Mein Interesse an der Erforschung und Vermittlung interkultureller Kompetenz hat sich hauptsächlich wegen meiner persönlichen und beruflichen Erlebnisse der interkulturellen Kommunikation entwickelt. Nicht nur wurden bei meinen vielen Studien- und Forschungsaufenthalten in Deutschland mein Interesse und meine Neugierde geweckt, sondern es wurde auch meine Freude am interkulturellen Lernen entwickelt.  Ich kann täglich ebendiese Freude am interkulturellen Lernen in meine Forschung zu Fragen der interkulturellen Kommunikation einfließen lassen.

In der heutigen globalisierten Welt, in der die interkulturelle Kommunikation immer stärker in den Vordergrund rückt, wächst der Wunsch, die Qualität der interkulturellen Kommunikation, die komplex ist und ständigen Wandlungsprozessen unterliegt, zu verbessern. Das Fremdsprachenstudium sollte Studierenden nicht nur die Kultur der Zielsprache vermitteln, sondern ihnen auch die Möglichkeit geben, diejenigen Schlüsselkompetenzen zu erwerben, die es ihnen ermöglicht, mit komplexen Veränderungsprozessen in der interkulturellen Praxis zurechtzukommen. Die oben genannten Erfahrungen und Erkenntnisse stellen Grundlage meiner Arbeit dar und ebendiese Erfahrungen und Erkenntnisse sind auch der Grund dafür, dass ich “interkulturelle Kompetenz” zu einem Schwerpunkt meiner Forschung und Lehre gemacht habe.

Was verstehen Sie unter dem komplexen Begriff “interkulturellen Kompetenz”? Hat man diese oder muss man diese Kompetenzen erlernen? Muss interkulturelle Kompetenz nicht noch viel stärker während der Ausbildung gelehrt werden, etwa an den Hochschulen?

Ich beschäftige mich seit fast zwanzig Jahren mit diesem Thema. Das 2008 in Deutschland veröffentlichte Buch „Interkulturelle Kompetenz als Prozess – Modell und Konzept für das Germanistikstudium“ und das 2016 in China veröffentlichte Buch „Inhaltliche Bedeutung und Förderung interkultureller Kompetenz — am Beispiel der Fremdsprachenstudierenden an chinesischen Hochschulen“ zeigen meine Forschungsergebnisse.

Wenn ich mein Verständnis zum Konzept der interkulturellen Kompetenz in ein paar kurzen Sätzen zusammenfassen sollte, würde ich sagen, dass interkulturelle Kompetenz die Fähigkeit ist, in interkulturellen Kommunikationssituationen sowohl die Ausgangskultur als auch die fremde Kultur auf affektiver, kognitiver und konativer Ebene zu berücksichtigen, diese aktiv zu nutzen und mit Mitgliedern einer anderen Kultur über ihre jeweiligen Erfahrungen und Erwartungen zu interagieren, um eine angemessene, und effektive Kommunikation zur Zufriedenheit aller Teilnehmer zu ermöglichen, harmonische Beziehungen und eine langfristige Zusammenarbeit aufzubauen und nachhaltig zu pflegen.

Interkulturelle Kompetenz ist keine Fähigkeit, die ein Individuum nach einmaliger Aneignung ein für alle Mal besitzt, sondern ein lebenslanger Lernprozess, der auf mehreren Ebenen stattfindet. Interkulturelle Kompetenz ist auch keine Zusatzkompetenz, die von der Persönlichkeit isoliert betrachtet werden kann, sondern ist integraler Bestandteil davon.

Warum ist die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Kulturen so schwierig?

Ich möchte nicht pauschal annehmen, dass die Kommunikation zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen notwendigerweise schwieriger ist als diejenige zwischen Angehörigen derselben Kultur. Wenn die Herausforderungen der interkulturellen Kommunikation zu sehr in den Fokus gestellt werden, besteht die Gefahr, dass interkulturelle Missverständnisse und sogar Konflikte zu einer Art „selbsterfüllenden Prophezeiung“ werden.

Ganz im Gegenteil ist es für Fremdsprachenlehrkräfte in der Hochschulbildung wichtig, das Interesse und die Neugierde an fremden Kulturen zu fördern und so den Weg zu einer positiven Einstellung zur interkulturellen Kommunikation zu ebnen. Auch bin ich davon überzeugt, dass man dazu ermutigen sollte, sich kontinuierlich im Prozess der interkulturellen Kommunikation einzubringen, dabei das Interesse an der chinesischen Kultur zu steigern und das kulturelle Selbstvertrauen zu stärken. Studierende haben in der interkulturellen Praxis die Gelegenheit zu erkennen, dass „alle Lebewesen wachsen und in der Natur gedeihen und sie einander nicht schaden. Alle Wahrheiten existieren gleichzeitig, sie widersprechen einander nicht“.

Verschiedene Kulturen können harmonisch koexistieren und haben viele Gemeinsamkeiten. Ihre Ausdrucksformen unterscheiden sich, doch Ihr Wesen ist ähnlich. Wir sollten in diesem Sinne Gemeinsamkeiten suchen und Unterschiede bewahren, sogar kulturelle Unterschiede aktiv nutzen, um Synergie-Effekte zu erzielen und in gemeinsamen Anstrengungen innovative Lösungen für kulturübergreifende Probleme zu finden.

Was würden Sie chinesischen Studierenden mitgeben? Wie holen sie das meiste aus ihrer Auslandserfahrung heraus?

Obwohl ein Auslandsstudium einige interkulturellen Herausforderungen mit sich bringt, ist ein Aufenthalt im Ausland die ideale Chance, die eigene interkulturelle Kompetenz zu verbessern. Es ist zu hoffen, dass chinesische Studierende den Mut entwickeln, im Ausland aus ihrer Komfortzone auszubrechen, fremden Kulturen mit Offenheit, Respekt und Toleranz entgegenzutreten und versuchen diese zu verstehen und kennenzulernen. So können sie ihr interkulturelles Einführungsvermögen und ihre kulturübergreifende Sensibilität verbessern, ihre Erfahrungen in einen Kontext setzen und diese reflektieren.

Gleichzeitig müssen sie mehr über chinesische Kultur lernen, um besser mit Angehörigen anderer Kulturen auf einer gleichberechtigten Basis zu kommunizieren. Ich hoffe demnach, dass ein Auslandsstudium chinesischen Studierenden nicht nur dabei hilft, ihre fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu entwickeln, sondern das Auslandsstudium auch ihre interkulturelle Kompetenz fördert, ihre interkulturelle Persönlichkeit stärkt und sie zum lebenslangen Lernen befähigt.

Die Portraitreihe der Spitzenfrauen des chinesisch-deutschen Alumninetzwerkes und des DAAD wurde ursprünglich auf der Webseite des DAAD China publiziert.

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