Navigationsbereich

Round-Up Talk zum Thema Gleichberechtigung

SDG Ziel 10: Weniger Ungleichheiten
SDG Ziel 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
SDG Ziel 4: Hochwertige Bildung
SDG Ziel 5: Geschlechtergleichheit
Gruppe von Menschen verschiedenen Alters und verschiedener Nationalitäten, die die Arme umeinander legen
© Getty Images/Rawpixel

Im Expert:inneninterview berichten fünf Deutschland-Alumni, wo sie besonders viel Ungleichheit und Bedarf für mehr soziale Gerechtigkeit sehen und wie sie sich mit ihren Projekten und Initiativen für mehr einsetzen. Zudem geben sie konkrete Tipps für diejenigen, die sich ebenfalls für mehr Gleichberechtigung einsetzen wollen.

Unsere Expert:innen

Fünf Expert:innen, fünf Fragen: Frage 1

Mala Pandurang:

Ich lehre seit 26 Jahren an einer Hochschule für grundständige Studiengänge in Mumbai, an der ausschließlich Frauen studieren. Derzeit sind es rund 1.000 Studentinnen verschiedener sozialer Schichten und Religionen. Mittlerweile bin ich Direktorin der Institution und meine Perspektive ist die einer Pädagogin, deshalb würde ich die Reihenfolge gerne umkehren und „Chancengleichheit“ vorziehen, denn sie ist es, die Studierenden unabhängig von Geschlecht, Gesellschaftsklasse, Kaste oder Religion die Instrumente zur Durchsetzung von Gleichberechtigung liefert. Wenn wir erst einmal angemessene Bildungseinrichtungen für soziale und vertikale Mobilität bereitstellen können, können Studierende auf den Weg zu gleichberechtigtem Ressourcenzugang gebracht werden, was ihnen wiederum erlaubt, ihr Potenzial zu entfalten und ihre Träume zu verwirklichen. Sie werden gleiche Ausgangsvoraussetzungen für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung vorfinden, was neben dem Recht auf Bildung auch das Recht auf freies Denken und freie Meinungsäußerung, Arbeit, gleiche Entlohnung, Geschlechtergleichstellung und vor allem das Grundrecht auf Existenz beinhalten sollte.

Juan Auz:

Gleichberechtigung bedeutet, dass jedes Individuum und jede Institution unabhängig von Ethnie, Gender, Staatsangehörigkeit, Geschlecht und sonstigen Merkmalen einer Person ihre Rechte respektieren und schützen sollte. Wenn ich „Rechte“ sage, gehe ich von einem Mindeststandard aus, der dem Inhalt internationaler Menschenrechtsabkommen entspricht. Das ist natürlich eng verknüpft mit dem Konzept der Chancengleichheit, die für mich der Schlüssel ist, um den Gleichberechtigungsgrundsatz zu erfüllen. Wenn öffentliche oder private Institutionen das Maximum tun können, um gleiche Bedingungen für alle zu schaffen, wird keine strukturelle Ungleichheit irgendjemanden davon abhalten, seine Träume zu verwirklichen. Ein gutes Beispiel wäre etwa eine Richtlinie zur Subventionierung von Bildung für Menschen aus Entwicklungsländern, die sich in einem Industrieland niederlassen wollen. Deshalb sind beide Konzepte verwoben und bedingen einander.

Eeva Rantamo:

Gleichberechtigung fordert gemeinsame, gleiche Möglichkeiten als Recht für alle. Chancengleichheit kann es nur geben, wenn auch die Voraussetzungen gleich sind. Meine Arbeit für inklusive Kultur baut auf der prinzipiellen Gleichheit und individuellen Verschiedenheit aller Menschen auf. Beide sind sowohl der Grund als auch das Ziel meiner Arbeit. Solange Ungleichheit herrscht, gibt es keine Freiheit für alle, sondern nur Privilegien für einzelne. Kultur gibt es nur gemeinsam. Sie kann nur existieren, wenn sie von allen geteilt wird. Dazu müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Diese Aufgabe ist beständig, vielfältig und gestaltet sich jeden Tag neu. Zu Chancengleichheit und Gleichberechtigung gehört auch, Notwendigkeiten gemeinsam anzuerkennen und Fakten oder wissenschaftliche Ergebnisse nicht zu leugnen.

Elena Lipilina:

Für mich bedeuten Gleichberechtigung und Chancengleichheit, dass eine Person ihr Potenzial unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung oder anderen Faktoren und allein abhängig von ihrer Leistung verwirklichen kann. Der Begriff „Gleichberechtigung“ ist jedoch komplex. In vielerlei Hinsicht wird Gleichberechtigung als Gleichsetzung im weitesten Sinne gesehen, bei der Frauen oft nicht als verschiedene Persönlichkeiten anerkannt werden, deren spezifische Bedürfnisse durch Diskriminierungserfahrung, Kultur, weibliche Sozialisierung und die eigene Anatomie geprägt sind. Meiner Ansicht nach können Gleichberechtigung und Chancengleichheit nur erreicht werden, wenn wir begreifen, dass im Fall von Frauenrechten „gleich“ nicht unbedingt „dasselbe“ bedeutet. Die kann nicht geschlossen werden, indem Frauen einfach dasselbe „Paket“ erhalten, ohne dass anerkannt wird, wie unterschiedlich jeweils ihre Wege und Ausgangspunkte zu dieser Gleichberechtigung sind.

Marco Tulio Pereira Silva:

Zunächst einmal möchte ich mich auf „Inklusion“ beziehen. Meiner Ansicht nach ist es enorm wichtig, dass wir verstehen, was eine „inklusive Gesellschaft“ wirklich bedeutet. Das bringt mich zum nächsten Begriff, „Diversität“. Wir sehen bei Menschen alle Arten von Diversität: Geschlecht, Ethnie, sexuelle Orientierung, religiöse Ansichten, Alter, Behinderungen, sprachliche Unterschiede, sozioökonomischer Status und kultureller Hintergrund. Das gehört zum Leben. Deshalb ist eine inklusive Gesellschaft eine Koexistenz dieser Vielfalt, bei der jedes Individuum die Möglichkeit und das Recht auf Teilhabe hat, unabhängig von seinen Besonderheiten.

In diesem Kontext bedeutet „Gleichberechtigung“ eine harmonische und simple Koexistenz von Menschen aller Art, die sich respektieren, tolerieren und unterstützen, und das in einer Gesellschaft, in der alle gleich behandelt werden. „Chancengleichheit“ hingegen ist die Anerkennung dessen, dass jedem Individuum die vollständige gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden sollte, ohne dass es wegen Unterschieden zu Vorurteilen kommt.

* Pflichtfeld