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Tipps für Sozialunternehmer:innen

Männliche Füße in Lederschuhen stehen auf einer Straße mit einem gelben Pfeil.
© Getty Images/Mananya Kaewthawee

Fünf Expert:innen, fünf Fragen: Frage 4

Welche konkreten Tipps haben Sie für Menschen, die ihre Ideen und sozialen Innovationen in eine Geschäftsidee überführen und diese umsetzen möchten?

Magdalena Parcheva

Es gibt zwar kein Universalrezept für Social Entrepreneurship, aber es gibt meiner Meinung nach eine Reihe von Faktoren, die eine erfolgreiche Umsetzung von Ideen und sozialen Innovationen begünstigen. Bei der Entwicklung eines sozialen Geschäftsmodells muss man die Beziehungen zwischen dem gesellschaftlichen Problem bzw. der Herausforderung, dem Leistungsversprechen, der Lösung, den wichtigsten Aktivitäten, den Schlüsselkennzahlen, den Begünstigten, den Kanälen, den wichtigsten Partner:innen, der Kostenstruktur sowie der Einkommensquellen genau berücksichtigen, damit das soziale Unternehmen im Laufe der Zeit nachhaltig wird. Die Schwierigkeit besteht darin, Geschäftsziele und Leistungsindikatoren mit der gesellschaftlichen Aufgabe und den sozialen Zielen unter einen Hut zu bringen. Viele soziale Unternehmen gehen hieran irgendwann zu Grunde.

Man muss für das Ziel des sozialen Unternehmens eine Vielzahl verschiedener Parteien gewinnen. Als eine mögliche, aber nicht die wichtigste Einnahmequelle für die Entwicklung eines sozialen Unternehmens, kann man –zumindest anfangs – Finanzmittel aus öffentlichen Programmen akquirieren. Zudem sollte man nach Möglichkeiten für die Skalierung der Wirkung des sozialen Unternehmens suchen.

Tamara Ferreira Schmidt

John Kania und Mark Kramer beschreiben, dass erfolgreiche Initiativen mit kollektiver Wirkung normalerweise fünf Bedingungen erfüllen, die in Kombination eine geeignete Ausrichtung und starke Ergebnisse ermöglichen:

  • Ein gemeinsames Ziel: Alle Beteiligten müssen eine gemeinsame Vision für den Wandel haben. Dazu gehört, das Problem auf die gleiche Weise zu verstehen und es mit Hilfe von vereinbarten Handlungen zusammen anzugehen.
  • Gemeinsame Messsysteme: Die kontinuierliche Datensammlung und Ergebnismessung erfolgt für alle beteiligten Organisationen auf der Grundlage der wichtigsten Indikatoren auf Gemeindeebene. So wird nicht nur sichergestellt, dass alle Bemühungen aufeinander abgestimmt sind, sondern auch, dass die Beteiligten gegenseitige Verantwortung übernehmen und aus den Erfolgen und Fehlern anderer lernen können.
  • Sich gegenseitig stärkende Tätigkeiten: Initiativen mit kollektiver Wirkung sind darauf angewiesen, dass vielfältige Beteiligte zusammenarbeiten. Dafür müssen nicht alle das Gleiche tun, aber alle Beteiligten müssen ermuntert werden, die Aufgaben, die ihnen besonders liegen, auf eine Weise zu übernehmen, die hilfreich und auf die Tätigkeiten anderer abgestimmt ist.
  • Ständige Kommunikation: Vertrauen zwischen gemeinnützigen Organisationen, Unternehmen und Regierungsorganisationen zu schaffen ist eine gewaltige Herausforderung. Die Beteiligten müssen jahrelang regelmäßig zusammenkommen, um genug Erfahrung miteinander zu sammeln, die gemeinsame Motivation hinter den verschiedenen Bemühungen zu verstehen und anzuerkennen.
  • Zentrale Unterstützungsorganisationen: Um die kollektive Wirkung zu schaffen und zu verwalten, braucht man eine separate Organisation mit Mitarbeitern mit bestimmten Fähigkeiten, die die gesamte Initiative zentral koordinieren.

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Ingo Steffgen

Hier spricht dann wohl der Geschäftsmann, aber ich würde jedem empfehlen, zuerst Einkommensquellen zu identifizieren oder die Idee zumindest so zu gestalten, dass Einnahmen und Ausgaben sich gegenseitig aufheben (Break-even). So sehr wie ich Idealismus schätze, realistisch gesehen leben wir in einer Welt, die durch Geld regiert wird. Weiterhin empfehle ich gerne: "einfach machen", egal wie verrückt die Idee zu sein scheint. Insbesondere scheint der Zeitpunkt direkt nach dem Universitätsabschluss, der günstigste zu sein, um mit einer sozialen Selbstständigkeit zu experimentieren. Aber auch natürlich ohne Bachelor oder Master kann man mit einer sozialen Selbstständigkeit erfolgreich werden. Erfolg ist im ersten Anlauf zwar sehr unwahrscheinlich, aber dafür der Lerneffekt durch Fehlschläge umso größer. Seit mutig, nehmt euch Zeit, und redet über eure Ideen, mit so vielen Menschen wie möglich – insbesondere mit solchen, die Idee eure Idee nicht so gut finden!

Evans Quartey Hammond

Der beste Rat, den ich sozialen Innovator:innen geben kann, die ihre Ideen in Geschäftskonzepte umwandeln wollen, dreht sich um drei wichtige Punkte: Angehende Sozialunternehmer:innen müssen sich auf ihr Wertversprechen konzentrieren und darauf, was sie dem Markt zu bieten haben. Das zwingt sie dazu, sich zu spezialisieren, und so werden sie tatsächlich ein Meister bzw. eine Meisterin ihres Fachs. Ein breit gefächertes Produktportfolio ist zwar spannend, aber jedes neue Marktsegment und jede neue Produktlinie erfordert eine erhebliche Investition von Zeit und Ressourcen, was eine Herausforderung sein kann. Daher ist es wichtig, seine Energie auf eine Sache zu konzentrieren, um zu wachsen und Expert:in auf diesem Gebiet zu werden.

Zweitens sollten sie das richtige Team zusammenstellen und die internen Kapazitäten weiter ausbauen. Dazu gehört, dass man Fachleute mit unterschiedlichen Fähigkeiten an Bord holt, um die eigenen Defizite auszugleichen. Dies kann zu einem raschen Wachstum und Fortschritt des Unternehmens führen. Und nicht zuletzt kann das Eingehen von Partnerschaften das Unternehmen tatsächlich voranbringen. Die meisten angehenden Unternehmer:innen wollen alles allein schaffen, weil sie glauben, dass sie sich erst einmal selbst beweisen müssen, was meiner Meinung nach eine völlig unreife Annahme ist. Geschäftspartnerschaften nicht einzugehen, kann dazu führen, dass ein Unternehmen gleich zu Beginn stagniert, weil es an Erfahrung bei der Unternehmensgründung oder an finanziellen und technischen Ressourcen mangelt.

Raju Gurung

Es ist ein tolles Gefühl, wenn neue Ideen entstehen. Aber Ideen bedeuten nicht viel, wenn sie nicht umgesetzt werden. Daher ist es am besten, wenn Sie sich nicht mit der Idee identifizieren, sondern sich ständig mit dem Kund:innen und deren Bedürfnissen beschäftigen. Ein Unternehmen wird von Menschen für Menschen aufgebaut. Wenn Sie sich nicht mit der Idee identifizieren, sind Sie offener dafür, Ihre Ideen zu teilen und die richtigen Mitgründer:innen an Bord zu holen.

Versuchen Sie in der Ideenphase, Ihre kognitiven Scheuklappen abzulegen und alle Annahmen, die Sie über das Problemfeld haben, zu notieren. Testen Sie diese so schnell wie möglich mit einer Handvoll potenzieller Kund:innen und entwickeln Sie Ihre Lösung gemeinsam mit ihnen. Verbringen Sie nicht zu viel Zeit damit, erst eine Lösung zu entwickeln und dann mit den Kund:innen zu sprechen. Dies birgt die Gefahr, dass Sie etwas entwickeln was Ihnen gefällt und nicht das, was die Kund:innen brauchen. Ich sehe so viele Start-ups, die versuchen, ein Start-up aufzubauen, indem sie zuerst an die Technologie oder Lösung denken. Das führt vielleicht zu etwas, aber man stößt bald an seine Grenzen, weil man die Bedürfnisse der Kund:innen nicht genau kennt. Also sollte man unbedingt damit anfangen, sich auf das Problem zu konzentrieren. 

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