Von Bosnien nach München: Sanja Kitics Weg in ihre neue Heimat
- 2024-09-06
- Lisa Priller-Gebhardt
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In der neuen Gesprächsreihe gewähren internationale Fachkräfte Einblicke in ihre beruflichen und privaten Erfahrungen, die sie in Deutschland sammeln. Sie berichten darüber, wie es ist, in Deutschland Fuß zu fassen. Dabei geben sie auch wertvolle Tipps und praktische Ratschläge für die persönliche Integration.
Dieses Mal stellen wir Sanja Kitic vor. Die Bosnierin kam nach Deutschland, um sich eine sichere berufliche und persönliche Zukunft aufzubauen. Heute arbeitet sie als stellvertretende Pflegedienstleiterin bei einem städtischen Unternehmen.
Warum München für Sanja Kitic der richtige Ort war
„Als ich sehr jung war, herrschte in meinem Land Krieg. Deshalb war für mich schon früh klar, dass ich irgendwann auswandern werde“, sagt Sanja Kitic. Die gebürtige Bosnierin wollte an einen Ort ziehen, der politisch stabil war, an dem sie eine sichere Anstellung finden und eine Familie gründen könnte. Da ihre Großeltern bereits in Deutschland lebten und positive Erfahrungen gemacht hatten, musste sie nicht lange nachdenken, wo ihre Zukunft liegen sollte. 2015 kam sie allein nach München. Ihren Mann musste sie erst mal zurücklassen, er durfte im Zuge der Familienzusammenführung 17 Monate später nachkommen.
Auf die Frage, warum ihr Weg sie ausgerechnet dorthin führte, antwortete sie: „Ich wollte unbedingt hier her. Zwar ist München eine Stadt, aber gleichzeitig lebt man hier wie in einem großen Dorf. Man hat alles, was man braucht und ist trotzdem schnell in der Natur. Zudem ist es nicht weit von meiner Heimat entfernt“, sagt Sanja Kitic, die sich sofort in die Metropole an der Isar verliebte.
Arbeiten in Deutschland: Der Weg in die Pflege
Mit ihrer Krankenschwester-Ausbildung aus Bosnien gelang ihr der berufliche Einstieg in Deutschland relativ leicht. „Für Pflegepersonal ist es recht einfach, ein Visum zu erhalten, da in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen dringend gesucht werden“, erklärt Sanja Kitic. Da ihr Ausbildungsabschluss noch nicht anerkannt war, begann sie zunächst als Pflegehelferin. „Ich bin zwar mit dem Sprachniveau B2 nach Deutschland gekommen, aber ich wollte sicherstellen, dass ich sprachlich und fachlich gut vorbereitet bin“, erzählt sie.
Währenddessen besuchte sie einen dreimonatigen Integrationskurs und legte eine Prüfung ab. Im Februar 2016 war es dann endlich so weit: Mit der Anerkennung ihrer Ausbildung konnte sie ihre vorantreiben und absolvierte ihre erste Weiterbildung zur Wohnbereichsleitung. Weitere folgten. „Mein Arbeitgeber hat mich bei meinem beruflichen Werdegang sehr unterstützt“, sagt die Wahlmünchnerin.
Sprachliche Herausforderungen als ausländische Pflegekraft in Deutschland
Obwohl sie mit dem vertraut war, hatte sie zunächst Probleme, sich zu verständigen. „Im Altersheim leben viele alte Menschen, die meist starken sprechen. Das Bayerische kam mir vor wie eine eigene Sprache. Ich habe zunächst nur Bahnhof verstanden. Wenn mir jemand sagte: Hole mir bitte einen Kaas, dann dauerte es eine Weile, bis ich kapierte, dass es um Käse ging“, erklärt Sanja Kitic augenzwinkernd.
Schwierig war auch, dass sie die Anatomie in ihrem Heimatland auf Latein und nicht auf Deutsch gelernt hatte. Doch die Ärztinnen und Ärtzte halfen ihr. Zur allgemeinen Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse hat beigetragen, dass Sanja Kitic gerne liest. So hat sie Bücher parallel auf Deutsch und auf Serbisch gelesen und viele Filme und Serien geguckt.
Während des Interviews wurde sie zudem von einer Teilnehmerin gefragt, ob sie neben den sprachlichen Hürden jemals auf Diskrimination gestoßen sei. Dies verneinte die Bosnierin. „Ich habe hier viele deutsche als auch internationale Freunde gefunden. Besonders auf der Arbeit unterstützen wir uns gegenseitig, weil wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben.“
Karriere und Familie: Ein Balanceakt
Kurz nachdem ihr zweites Kind geboren wurde, eröffnete sich die Stelle als stellvertretende Pflegedienstleiterin. Um diese Möglichkeit nicht zu verpassen, entschied sich Sanja, früher aus ihrer Elternzeit zurückzukehren. Ihr Chef stand bei dieser Entscheidung voll hinter ihr: „Mir wurde angeboten, meinen sechs Monate alten Sohn zur Arbeit mitzubringen. Es wurde sogar ein Bett, Spielzeug und ein Babyphon bereitgestellt. Alles hat problemlos funktioniert“, erzählt sie.
Sanja weiß, dass sie sich deswegen sehr glücklich schätzen kann, denn diese Art der Unterstützung ist nicht grundlegend gegeben. Deshalb empfiehlt sie auch, sich vor der Reise nach Deutschland gut zu informieren und tendenziell einen städtischen Arbeitgeber zu wählen. Inzwischen sind ihre beiden Kinder in einer Vollzeitbetreuung und sprechen fließend Serbisch und Deutsch. Die Familie genießt ihr Leben in München und fühlt sich bestens integriert. „Es war die richtige Entscheidung, hierherzukommen. Deutschland ist inzwischen mein zweites Heimatland“.