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Austausch mit diplomatischer Note

Arbeitsgruppe aus dem Nahen Osten
Das Projekt "Horizonte" vernetzt deutsche Unternehmen mit berufserfahrenen Akademikerinnen und Akademikern aus dem Irak, Iran, aus Jordanien und dem Libanon. © Getty Images/FatCamera

Jeder Kontakt ist wertvoll: Getreu dieser Maxime ermöglicht das Programm „Horizonte“ Fachkräften aus Iran, Irak, Jordanien und dem Libanon eine Hospitanz bei deutschen Unternehmen. In diesem Jahr musste der Besuch ausschließlich digital erfolgen – doch auch unter diesen Bedingungen war der Austausch ein Erfolg.

Der Nahe Osten gilt in vielen Branchen als durchaus lukrativer, aber zugleich sehr volatiler Markt. Umso wertvoller sind für westliche Firmen Kontakte vor Ort, die um ihre Erfordernisse wissen. Für diese wiederum lohnt sich ein Einblick in die Arbeitsweise deutscher Unternehmen, und genau an dieser Stelle knüpft „Horizonte: Chancen für die Zukunft“ an. Das Programm vermittelt exzellente Fachkräfte aus vier Ländern in der Region an deutsche Betriebe, um einen Einblick in die Arbeitsweisen und die Strukturen hierzulande zu erhalten. „Diesmal standen wir wegen Corona vor der besonderen Herausforderung, das gesamte Projekt online stattfinden zu lassen“, erklärt Projektleiterin Nina Hoferichter vom Goethe-Institut. „Daher konnten wir leider nur insgesamt fünf Hospitationen anbieten. Diese liefen aber hervorragend, sowohl die Unternehmen als auch die Fachkräfte waren sehr begeistert.“ Fünf weitere Interessentinnen und Interessenten konnten zudem zusammen mit den Hospitierenden an den Online-Trainings teilnehmen, die in das Programm integriert sind.

Positives Feedback

Trotz der Einschränkungen in diesem Jahr waren die Rückmeldungen von allen Seiten überaus positiv. „Wir hatten eine sehr engagierte Gruppe, die sich hervorragend eingebracht hat“, so Hoferichter. „Beeindruckt waren die Hospitierenden vor allem von den vergleichsweise flachen Hierarchien in deutschen Unternehmen. Für sie war es ungewohnt, dass Vorgesetzte an ihrer Meinung interessiert waren und Anregungen aus der Belegschaft aufgriffen.“ Die Kommunikation über das Internet lief dabei problemlos: „Wir haben die einzelnen Meetings per Videotelefonie durchgeführt und dazugehörige Aufgaben am Computer erledigt“, berichtet der Iraner Peyman Alidoust, der derzeit in der Deutschen Botschaft in Teheran arbeitet und über die Social-Media-Kanäle des Goethe-Instituts von dem Projekt erfahren hat. „Ich würde schon sagen, dass mir diese Zeit viel gebracht hat, vor allem viele neue Kontakte, die auch jetzt weiterbestehen.“ Dem schließt sich die Architektin Yara Al Manseer an: „Leider war in meinem Bereich eine Hospitation nicht möglich, so dass ich nur am Trainingsprogramm und allen Veranstaltungen teilgenommen habe“, erklärt die Jordanierin. „Darüber habe ich aber einige gute Freunde aus verschiedenen Ländern gewonnen. Es war schon erstaunlich, sich mit anderen kulturellen Hintergründen auseinanderzusetzen und hat uns allen viel gebracht. Ich weiß jetzt auf jeden Fall, dass wir uns bei Bedarf gegenseitig unterstützen würden. Das ist ein tolles Gefühl.“ Und auch der Iraker Anwer Dheyaa Mhmood würde „Horizonte“ weiterempfehlen. „Für mich war das Programm eine neue und nützliche Erfahrung. Insbesondere bot es mir eine hervorragende Möglichkeit, Deutsch mit Muttersprachlern und anderen Sprachlernenden zu üben – bislang habe ich mir die Sprache selbst beigebracht.“

Das Programm verlangt den Teilnehmenden allerdings auch einiges ab. Schon die sprachlichen, interkulturellen und Management-Trainings inklusive des Kurses „Deutsch im Beruf“, der in Teilen für „Horizonte“ entwickelt wurde, haben viel Zeit gekostet, die Hospitationen noch einmal mehr. „Ich habe für das Programm extra einen Monat lang frei genommen“, gesteht Alidoust, „sonst wäre es mir nicht möglich gewesen, daran teilzunehmen.“ Dabei versucht das Team des Goethe-Instituts, jede Mitwirkende und jeden Mitwirkenden so individuell wie möglich zu betreuen. „Auch für die Unternehmen ist so eine Hospitation nicht einfach so zu stemmen“, betont Nina Hoferichter. „Immerhin muss ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin als Ansprechperson abgestellt werden, zudem muss ein klarer Plan erstellt werden, was der Gast zu tun bekommt. Das ist oft aufwendiger, als man gemeinhin denkt. In diesem Jahr haben uns aber alle Betriebe gemeldet, dass sie sehr von dem Projekt profitiert hätten.“

Hospitierende müssen zum Unternehmen passen

Grundsätzlich hätten auch mehr als nur fünf Fachkräfte in einem Unternehmen hospitieren können – doch verschiedene Faktoren sprachen dagegen. „Wir hätten tatsächlich noch mehr interessierte Unternehmen gehabt, konnten die Stellen aber nicht passgenau besetzen“, sagt Hoferichter. „Die Profile müssen einfach stimmen, sonst ergibt so eine Hospitation aus unserer Sicht keinen Sinn.“ Außerdem erschien in bestimmten Branchen eine Online-Hospitation schwierig, sagt Mhmood: „Leider habe ich über das Horizonte-Programm keinen Hospitationsplatz bekommen, da es schwierig ist, als Bauingenieur auf Distanz zu arbeiten. Immerhin konnten wir 2021 unter anderem einen Finanzdienstleister, einen Orthopädiehersteller und ein Forschungsinstitut mit ins Boot holen“, fügt Hoferichter hinzu. Und wie viele Fachkräfte haben sich beworben? „Rund 100“, erklärt Hoferichter. „Normalerweise liegt diese Zahl deutlich höher, und ich gehe davon aus, dass dies auch 2022 wieder der Fall sein wird – dann nämlich soll das Programm wieder in Präsenz stattfinden.“

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