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Eine Frage der Einstellung

Vortrag im Strascheg Center for Entrepreneurship
Strascheg Center for Entrepreneurship © Nicola Riva

Ein innovatives Produkt zu kreieren, ist die eine Sache, es entsprechend zu vermarkten dagegen eine ganz andere. Dabei ist der kreative Output in Deutschland durchaus vorhanden, nicht zuletzt an den Hochschulen und Universitäten, in denen ständig bedeutsame Entdeckungen gemacht und neue Technologien entwickelt werden. Dieses Potenzial muss nur noch mehr genutzt werden. So ist es kein Wunder, dass die akademische Sphäre zunehmend versucht, Erfindergeist und Unternehmertum zusammenzubringen und Studierende sowie Forschende bei der Ausgestaltung von Startups zu unterstützen – und parallel dazu den Mechanismen des sogenannten Entrepreneurships auf den Grund zu gehen.

Eine Definition des Unternehmertums reicht weit zurück, bis ins 18. Jahrhundert zu den Arbeiten von Adam Smith. Seitdem hat sich der Begriff immer wieder gewandelt – seine französische Entsprechung ist heutzutage längst zu einem Synonym für Startup-Gründerinnen und -Gründer geworden. „Einen Entrepreneur zeichnet aus, dass er eine Vision verfolgt“, erklärt Gabriele Schäfer, BWL-Professorin an der Hochschule Kempten, Leiterin des dort angesiedelten StartUp-Centers und Vorstandsmitglied der Denkfabrik, einem Netzwerk für im Gründungsumfeld tätige Hochschulmitarbeitende. „Wir reden hier über Menschen, die etwas Neues einbringen wollen und dafür auch mal Risiken eingehen. Sie sind nicht primär Erfinder, sondern Innovatoren, die davon überzeugt sind, dass ihre Ideen die Welt ein bisschen besser machen können. Diese Einstellung ist nicht zwingend an ein Produkt gekoppelt und kann sogar von Mitarbeitende innerhalb eines bestehenden Unternehmens gelebt werden.“

„Gründerstipendium kann große Erleichterung für Startups sein“

Im Rahmen von öffentlichen Förderprogrammen kommt dagegen keine Entrepreneurin und kein Entrepreneur an einer konkreten Geschäftsidee vorbei, die sich auf dem Markt platzieren lässt. „Etwa 50 Prozent der Bewerbungen für eines unserer EXIST-Gründerstipendien haben etwas mit Software oder digitalen Dienstleistungen zu tun“, erklärt Dr. Thomas Großmann, Leiter der „Gründungsnetzwerke“ am Projektträger Jülich. Er ist verantwortlich für die administrative Betreuung des EXIST-Förderprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. „Das liegt zum Teil daran, dass die Stipendien auf ein Jahr und die Sach- und Coachingmittel auf maximal 35.000 Euro beschränkt sind und sich Digital-Projekte in diesem Rahmen noch relativ leicht umsetzen lassen, aber auch daran, dass dieses Feld immer noch enorm viel Potenzial hat. Beim EXIST-Forschungstransfer, bei dem häufig Ergebnisse eines größeren universitären Forschungsvorhabens in einer Ausgründung auf den Markt gebracht werden, haben wir es dagegen sehr viel häufiger mit Deep-Tech-Gründungen, medizinischen oder biotechnologischen Produkten zu tun.“

Insbesondere ein Gründerstipendium kann laut Großmann eine große Erleichterung für ein Startup sein. „Die Bewilligungsquote liegt in diesem Bereich bei mehr als 50 Prozent“, sagt er. „Voraussetzung ist, dass es sich bei der Geschäftsidee um ein innovatives, technologieorientiertes oder wissensbasiertes Produkt mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen und guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten handelt. Welche Nationalität ein Bewerber oder eine Bewerberin hat oder wo er oder sie den Abschluss gemacht hat, spielt dagegen für uns keine Rolle.“ Der Antrag werde dabei über die jeweilige Universität gestellt – die meisten von ihnen haben inzwischen ohnehin eine Art Startup-Zentrum, um Studierende zu beraten und sie auf dem Weg ins Unternehmertum zu begleiten. „Mittlerweile sind wir hinsichtlich der Gründerunterstützung an deutschen Hochschulen im guten Mittelfeld angekommen“, bestätigt Großmann. „Insbesondere in den vergangenen drei bis vier Jahren ist in diesem Bereich viel passiert, vor allem an technisch ausgerichteten Hochschulen. Dennoch gibt es noch Luft nach oben – da sind allerdings auch die Bundesländer in der Pflicht, mehr Geld bereitzustellen.“

Auch scheitern will gelernt sein

Tatsächlich betont auch Gabriele Schäfer die teils großen Unterschiede zwischen den akademischen Startup-Zentren. „Viele Hochschulen sind leider chronisch unterfinanziert, was sich auch auf die Unterstützung junger Gründerinnen und Gründer auswirkt.“ Auf der anderen Seite des Spektrums gibt es größere Organisationen wie zum Beispiel das Strascheg Center for Entrepreneurship an der Hochschule München, das als eines der führenden Institutionen seiner Art gilt. „Wir wollen Sparringspartner für Gründerinnen und Gründer sein“, erklärt dessen Leiter Professor Herbert Gillig, „und zwar während des gesamten Prozesses. Zunächst analysieren wir in einer Erstberatung, wo das Gründungsteam eigentlich steht. Danach folgen 24 Wochen mit regelmäßiger Beratung, Sachmitteln und einem Arbeitsplatz, und dann sehen wir weiter. Klar ist nämlich auch, dass nicht jedes Startup funktioniert. Mal entzweit sich das Team, dann wieder scheitert das Produkt bei den potenziellen Käufern.“ Auch das müsse man lernen. „Wir bieten unseren Studierenden aber wenigstens ein sicheres Umfeld, in dem sie diese Erfahrungen machen können, ohne sich direkt zu verschulden.“

Balance zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und finanziellem Erfolg

Ohnehin ist die Fixierung auf den monetären Erfolg, die auf dem teils sehr umkämpften Markt herrscht, nicht so ganz mit dem ursprünglichen Bild des Entrepreneurs beziehungsweise der Entrepreneurin in all seinen und ihren Facetten in Einklang zu bringen. Insbesondere das nachhaltige und soziale Unternehmertum, das auf einen positiven Wandel in der Gesellschaft abzielt und den Profit als zweitrangig erachtet, kann mit den herkömmlichen Fördermöglichkeiten nur schwer unterstützt werden. „Aus Forscher-Sicht ergeben sich daraus sehr spannende Fragestellungen, etwa wie man die Balance zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und finanziellem Erfolg in der heutigen Zeit wahren kann“, betont Professor Gillig, der sich explizit für einen Dreiklang aus Qualifizierung, Beratung und Forschung im Bereich der Entrepreneurships ausspricht. Und aus der Praxis-Perspektive? „Wir versuchen an den Hochschulen und mit dem Denkfabrik-Netzwerk, einen Kontrapunkt zu setzen“, betont Professorin Schäfer. „Nachhaltigkeit ist zum Beispiel ein so wichtiges Thema – man kann es sich als Gründerin oder Gründer derzeit einfach nicht leisten, dieses Thema auszuklammern. Das führt allerdings leider auch dazu, dass viele Unternehmen Greenwashing und Social Washing betreiben, sich also ökologisch und sozial geben, dies aber nicht leben. Wir können an den Hochschulen und in unseren Startup-Centern nur dazu ermutigen, einen anderen Weg zu wählen.“

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