Drei Fragen zu SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen
- 2020-09-29
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Wir sprachen mit Creighton Drury, Geschäftsführer von Partnership to End Addiction [Partnerschaft zur Beendigung von Sucht], über die Suchtepidemie in den Vereinigten Staaten. Nachdem seinem Einstieg bei der Organisation im Jahr 2018 betreute Creighton den Zusammenschluss zweier namhafter gemeinnütziger Organisationen im Bereich Sucht: Partnership for Drug-Free Kids [Partnerschaft für drogenfreie Kinder] und das National Center on Addiction and Substance Abuse [Nationales Zentrum für Sucht und Substanzmissbrauch]. Die Organisationen firmierten um und gaben sich dieses Jahr den neuen Namen Partnership to End Addiction.
Auf der Basis von 30 Jahren Erfahrung und gelernten Lektionen als Leiter gemeinnütziger Organisationen, Regierungsbeamter, Anwalt und College-Spitzensportler liegt Creighton Drurys Hauptaugenmerk darauf, von Sucht betroffene Familien durch effektive Teamarbeit und Partnerschaften zu erreichen, sie miteinzubeziehen und ihnen zu helfen.
1014: Was beobachten Sie bei Partnership to End Addiction in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen der USA im Hinblick auf Drogenmissbrauch und Sucht als öffentliches Gesundheitsproblem? Besteht hier Handlungsbedarf?
Creighton Drury: Die bestehende Suchtkrise, verschlimmert durch finanzielle Belastungen, Einsamkeit, Isolation und den Mangel an Therapiemöglichkeiten aufgrund von COVID-19, führte in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 zu einem steilen Anstieg von Todesfällen aufgrund von Überdosen. Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Zahl der Überdosen während der Pandemie weiter ansteigen wird. Die Auswirkungen auf Familien erleben wir bei Partnership to End Addiction in unserer täglichen Arbeit. Immer mehr Betreuungspersonen suchen bei unserer Helpline um Unterstützung durch ausgebildete Spezialist*innen an.
Wir wissen, wie man Sucht vorbeugen und behandeln kann, und wenn wir es wirklich wollen, können wir den unnötigen Verlust von Menschenleben beenden, den die Vereinigten Staaten seit Jahren erleben. Jetzt, wo die ganze Welt sehr unmittelbar mitbekommt, wie wichtig öffentliche Gesundheit ist, haben wir die Chance, die nötigen Ressourcen für sinnvolle Maßnahmen bereitzustellen.
1014: Welche Arten von Hilfe und Dienstleistungen bieten Sie an und welche Herausforderungen stellen sich im Rahmen der Arbeit bei Partnership to End Addiction?
Creighton Drury: Wir gehen Partnerschaften mit Familien, Fachleuten, Entscheidungsträger*innen, Forscher*innen und anderen Organisationen ein, um der Sucht in den Vereinigten Staaten ein Ende zu setzen. Wir treten aktiv für einen gesundheitspolitischen Ansatz ein, der seine Wurzeln in Wissenschaft und Mitgefühl hat.
Partnership to End Addiction liefert über unsere Website jährlich mehr als 4 Millionen Besucher*innen Informationen und hilft mehr als 10.000 Familien direkt. Über unsere Helpline und andere Angebote bieten wir ihnen individuelle Unterstützung und liefern die Antworten, die Familien brauchen – insbesondere, was Hilfen für Teenager betrifft, das Lebensalter, in dem man für Substanzgebrauch und Sucht am anfälligsten ist. Zudem bedeutet unsere breite Expertise in Forschung und Kommunikation, dass wir bestens qualifiziert sind, systemischen Wandel voranzutreiben, um diese Krankheit noch effektiver aufzufangen und ihr Auftreten zu reduzieren.
Zu den größten Herausforderungen, vor denen wir stehen, gehört das anhaltende Stigma rund um das Thema Sucht. Der Mangel an Verständnis und Mitgefühl sowohl vonseiten der Regierung als auch in unserer Gesellschaft ganz allgemein schafft Hürden, die Menschen daran hindern, die nötige Behandlung und Unterstützung zu erhalten. Aber nichts macht uns glücklicher, als zu sehen, wie von Sucht betroffene Eltern dieses Stigma zurückweisen und ihre Geschichte öffentlich erzählen, um anderen zu helfen. Manche teilen ihre Erfahrungen mit Gesetzgeber*innen oder für alle sichtbar in Zeitungskolumnen, um so die Wahrnehmung von Sucht zu verändern und für dringend nötige Veränderungen einzutreten. Andere machen Schulungen, um an unserem Eltern-Coachingprogramm teilzunehmen, damit sie anderen Eltern helfen können, die Hilfe benötigen. Diese Familien geben Hoffnung. Hoffnung, dass wir das Stigma auslöschen können. Hoffnung, dass sich unsere Kultur eines Tages ändern wird und wir der Sucht ein Ende setzen können.
1014: Was sollte in einer idealen Welt in den Kommunen in den USA getan werden, um das UN-Ziel „Gesundheit und Wohlergehen“ zu erreichen?
Creighton Drury: Wir müssen die Wahrnehmung von Sucht verändern und den Menschen besser vermitteln, dass sie sowohl vermeidbar als auch behandelbar ist, vor allem, wenn wir proaktiv handeln, sie zu einem frühen Lebenszeitpunkt angehen, frühe Risikoanzeichen identifizieren und eingreifen, bevor Substanzgebrauch zu Sucht fortschreitet und bevor frühe Anzeichen von Sucht sich verschlimmern. Wir müssen mehr Menschen zu einer wirksamen Behandlung verhelfen. Als ersten Schritt müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen verstehen, wie eine qualitativ hochwertige Behandlung aussieht, und Hürden für den Zugang zu lebensrettenden Behandlungen aus dem Weg räumen.
Wir müssen zudem mehr Familien miteinbeziehen und befähigen, Substanzgebrauch zu verstehen und zu verhindern. Es ist wichtig, dass wir Menschen dabei helfen, sich die entscheidende Rolle bewusst zu machen, die sie in der Suchtbehandlung ihrer Angehörigen spielen. Wir müssen sowohl Menschen mit Suchtverhalten als auch ihre Angehörigen daran erinnern, dass sie geliebt und geschätzt werden, dass es keinen Platz für Schuldzuweisungen gibt und dass Hilfe zur Verfügung steht. Sucht ist eine Krankheit, die Mitgefühl, Unterstützung und evidenzbasierte Lösungen erfordert. Je mehr Unterstützung jemand während seiner Behandlung hat, desto besser sind die Resultate.
Zu guter Letzt müssen wir uns auf Landes- wie Bundesebene für eine Politik einsetzen, die Sucht als das begreift, was sie ist: eine öffentliche Gesundheitskrise. Wir brauchen eine nachhaltige, langfristige Finanzierung, um Programme zu implementieren, die Sucht vorbeugen und behandeln.