Drei Fragen zu SDG 5 – Geschlechtergleichheit

Agenda 2030
SDG Ziel 5: Geschlechtergleichheit

Wir sprachen mit Jenny Dembrow und Ebonie Simpson, den gemeinsamen Geschäftsführerinnen des Lower Eastside Girls Club in New York City, über gesunde und erfolgreiche Zukunftsperspektiven für Mädchen und junge Frauen und wie wichtig es ist, dabei die Gemeinschaft miteinzubeziehen. Beide tragen seit langem dazu bei, dass sich der Girls Club erfolgreich von einer Basisinitiative zu einem Innovationszentrum im Bereich gemeindenahe Jugendförderung entwickelt hat. Heute hat der Girls Club Auswirkungen auf das Leben Tausender Mittel- und Oberschülerinnen und ihrer Familien, die unter überwältigenden Herausforderungen wie Armut, unsicheren Wohnverhältnissen und Gewalt in der Gemeinschaft leiden.

1014: Welche Idee stand zum Gründungszeitpunkt hinter dem Lower Eastside Girls Club und wie hat sich das seither entwickelt?

Jenny Dembrow und Ebonie Simpson: Die Lower Eastside ist traditionell ein Einwander:innen- und Arbeiter:innen-Viertel. Heute leben 69% unserer Schüler:innen an öffentlichen Schulen in Armut. Bei unserer Gründung im Jahr 1996 gab es in unserer Community drei Boys Clubs, aber kein Programm, dass sich ausschließlich an Mädchen richtete. Es war an der Zeit, einen Raum für Mädchen und junge Frauen zu schaffen, der auf ihre Bedürfnisse und den entsprechenden Mangel an Angeboten einging. Wir fingen mit einem Einkaufswagen mit unseren eigenen Malutensilien an und führten über die Jahre hinweg in etwa 30 verschiedenen Räumlichkeiten Programme durch. Es war eine enorme Herausforderung, ständig umziehen zu müssen, aber wir schlugen tiefe Wurzeln in der Gemeinschaft, während wir von Standort zu Standort zogen. Das Ziel war, unser eigenes Gebäude zu errichten, und wir haben unser gesamtes Herzblut darangesetzt, diesen Traum in die Tat umzusetzen. Alle schauten uns an, als wären wir total verrückt, aber wir schafften es, 20.000.000 US-Dollar aufzutreiben, um eine weltweit renommierte, hochmoderne Einrichtung aufzubauen, die ihresgleichen sucht. Wir wagten es, nach den Sternen zu greifen, und heute agiert der Girls Club von einer über 3.000 Quadratmeter großen Anlage aus und bietet Hunderten von jungen Frauen in ganz New York City ganzjährig kostenlose Programme. Wir haben kürzlich expandiert und mehr als weitere 450 Quadratmeter für unser neues Center for Wellbeing & Happiness [Zentrum für Wohlergehen & Zufriedenheit] erworben, das kostenlose generationenübergreifende und ganzheitliche Wellnessprogramme für alle Mitglieder der Gemeinschaft anbietet.            

1014: Was für Programme bieten Sie an und welche Auswirkungen haben sie auf die Mädchen in Ihrer Community?

Jenny Dembrow und Ebonie Simpson: Die große Bandbreite an Programmen, die wir anbieten, findet man so nur im Lower Eastside Girls Club: Ob es sich um MINT handelt, um unser Näh- und Designstudio, Journalismus, das Planetarium, digitale oder Audio-Kunst, Bewegung und Gesundheit, gesellschaftliches Engagement, Filmproduktion oder unternehmerisches Training, wir führen jede Woche über 50 Programme durch. Wir sind ein Ort für Macherinnen und Träumerinnen, und aufgrund der riesigen Auswahl ist nicht schwer, hier seine Vorlieben zu entdecken. Jedes Mädchen wird als Individuum betrachtet und kann an diesem breiten Angebot an Programmen in verschiedenen Disziplinen teilnehmen, mit phänomenalen Lehrer*innen und erstklassiger Ausstattung und Werkzeugen. Jedes Mädchen hat dabei die Möglichkeit, sich von einer Mentorin durch diesen Prozess begleiten zu lassen. Wir sehen diese Mädchen als unsere zukünftigen Führungspersönlichkeiten, und hier im Club können sie einige der außergewöhnlichsten Frauen treffen, die auf dieser Welt ein Beispiel setzen. Unsere Mädchen haben all diese fantastischen Erlebnisse, die wir ihnen bieten, mehr als verdient. Abgesehen davon haben wir nicht nur Dienstleistungen für Mädchen im Angebot, sondern auch Programme für Eltern und Erziehungsberechtigte, zum Beispiel Jobtraining, sowie Programme für die gesamte Community. Der aktuelle Zustand der Welt ist verheerend: Die Pandemie, in Kombination mit Rassismus und Armut, führte zu katastrophalen Lebensbedingungen für eine ohnehin bereits benachteiligte Community. Viele unserer Mädchen haben ihre geschützten Räume verloren. Für uns ist es extrem wichtig, sie auf jede nur erdenkliche Art unterstützen zu können, und so rüsteten wir unser Gebäude umgehend mit COVID-Schutzmaßnahmen auf, damit wir den Sommer über und auch weiterhin Programme mit Präsenzunterricht anbieten konnten und können. Wir haben zudem seit März über 20.000 Essenspakete verteilt.

1014: Was muss Ihrer Meinung nach in Ihrer Community noch getan werden, um das Selbstbewusstsein junger Frauen und Mädchen zu stärken und eine Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen?

Jenny Dembrow und Ebonie Simpson: Wir haben einen Raum geschaffen, in dem wir uns gegenseitig beflügeln und unterstützen können. Es gibt jede Menge Forschung zur Wichtigkeit von Frauen in einflussreichen Positionen, aber ihre Rolle in nachhaltigen Gemeinschaften ist kritisch. Über unsere Investition in Mädchen und Frauen investieren wir in starke Gemeinschaften.
Wir richten uns in erster Linie an Frauen of Color aus Familien mit geringerem Einkommen, bieten ihnen echte Chancen und liefern ihnen die Werkzeuge für den Erfolg. Der effektivste soziale Wandel kommt aus der Gemeinschaft selbst. Interessanterweise existiert keiner der drei vorhin erwähnten Boys Clubs noch und heute gibt es einen Mangel an Angeboten für Jungs. Darauf gehen wir mit unserem neuen Center for Wellbeing & Happiness ein, denn wir sind überzeugt, dass die Durchschlagskraft und der Erfolg einer nachhaltigen Zukunft für jedes unserer Mädchen direkt an die Community gekoppelt sind. Das bedeutet, dass wir unsere Zielgruppe ausweiten müssen. Wir haben einen der letzten verfügbaren Räume in unserem Viertel wieder nutzbar gemacht, um nicht nur einen institutionellen Vermögenswert, sondern eine wahrhaft holistische, generationenübergreifende Plattform für die Gemeinschaft zu schaffen. Uns ist bewusst, dass das Vorantreiben von Rassen- und sozialer Gerechtigkeit für unsere Community davon abhängt, den Zugang zu hochwertigen Ressourcen und Hilfsmitteln für das Wohlergehen auszuweiten. Unser Center for Wellbeing & Happiness ist zeitgemäß, relevant und im Kampf gegen die gleichzeitigen öffentlichen Gesundheits-, Wirtschafts- und Rassengerechtigkeitskrisen entscheidend, mit denen unsere Stadt konfrontiert ist. Das ist es, was eine Gemeinschaft gesund und erfolgreich macht – alle Aspekte miteinzubeziehen und wirtschaftliche Ungleichheiten sowie Missverhältnisse in den Bereichen Bildung, Ernährung und Transport anzugehen. Wir hoffen, mithilfe des Center for Wellbeing & Happiness diese Art nachhaltiger Infrastruktur verwirklichen zu können. Unsere Community braucht uns heute mehr denn je und wir sind sehr stolz darauf, diese Organisation durch eine so kritische Zeit zu führen – und das haben wir mit der Unterstützung aller unserer Angestellten auf wirklich spektakuläre Weise auch geschafft.

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