O'zapft is! Die beliebtesten Volksfeste in Deutschland

Junge Frau im Dirndl auf einem deutschen Volksfest. Sie hält eine Brezel in der Hand, im Hintergrund sieht man ein Riesenrad.
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In Deutschland wird gern gemeinsam gefeiert, nicht nur an . Man sitzt zusammen, isst und trinkt dabei nicht selten unter freiem Himmel. Für ein paar Stunden werden Alltag und Sorgen vergessen. Alt und Jung treffen aufeinander, Menschen mit den unterschiedlichsten Berufen. Das macht Volksfeste, die auch Kirmes oder Rummel heißen, so beliebt. Etwa 9.750 dieser Feste gibt es insgesamt, je nach Wetter ziehen sie jedes Jahr etwa 190 Millionen Menschen an. Dazu kommen im Winter etwa 3.000 große und kleine Weihnachtsmärkte, wie der .

Oktoberfest in München

Das Münchner Oktoberfest ist das größte und wohl weltweit berühmteste deutsche Volksfest. Es beginnt Mitte September nach einem festen Ritual: Auf prächtigen Pferdewagen ziehen die Wirtinnen und Wirte der Bierzelte ein. Der oder die Oberbürgermeisterin zapft Punkt zwölf Uhr das erste Fass an und reicht das erste Bier dem Ministerpräsidenten beziehungsweise der Ministerpräsidentin. Erst dann dürfen auch alle anderen Leute in den 17 großen und 21 kleinen Bierzelten anstoßen und lauthals singen: „Ein Prosit der Gemütlichkeit.“ Ob im Dirndl oder in der Lederhose, das ist nicht so wichtig. Aber „fesch“ sollte man schon angezogen sein, was auf Bairisch bedeutet: schick, aber sportlich-leger.

Das Oktoberfest wird rund um den Globus in unzähligen Ausführungen kopiert, aber nur in München gibt es das Original. Sein Ursprung geht auf ein Pferderennen zur Hochzeit von Kronprinz Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen im Jahr 1810 zurück. Der Name für den Ort, Theresienwiese, verweist auf die Braut. Bis heute wird das 42 Hektar große Gelände für das Oktoberfest freigehalten.

Die Münchnerinnen und Münchner sagen „Wiesn“ dazu, sie gehört zur bayerischen Landeshauptstadt wie das Salz auf der Breze. Man teilt diese Tradition gerne mit Gästen aus dem In- und Ausland. Je mehr kommen, desto besser. Etwa sechs Millionen Menschen feiern sie jedes Jahr, ebenso viele Liter Oktoberfestbier fließt in die Kehlen. Es wird speziell gebraut und in Maßkrügen ausgeschenkt. Eine Maß ist ein Liter. Obwohl sich auf der Wiesn viel ums Bier dreht, so ist sie doch auch ein Familienereignis mit Buden und Fahrgeschäften. Ein typischer Duft nach gebrannten Mandeln, Zuckerwatte und auch Bier hängt zwei Wochen lang über der Stadt. Am Ende überfällt die Einheimischen nicht selten der Wiesn-Blues. Aber sie wissen: im nächsten Jahr geht es wieder los.

Rheinkirmes in Düsseldorf

Alle Jahre wieder findet auch die große Düsseldorfer „Rheinkirmes“ statt. Entlang des Flusses stehen Fahrgeschäfte, Buden und Zelte. Ab Mitte Juli kommen in den zehn Tagen etwa vier Millionen Menschen zusammen. Wahrzeichen und beliebter Treffpunkt ist das Riesenrad „Bellevue“. Höhepunkte sind das traditionelle Feuerwerk zwischen Rheinkniebrücke und Oberkasseler Brücke sowie der „Pink Monday“, an dem seit mehr als 40 Jahren die queere Community feiert. Ausgerichtet wird die Rheinkirmes vom Schützenverein Sankt Sebastianus.

Es gibt gleich zwei Anlässe für das beliebte Fest in Nordrhein-Westfalen: der Namenstag des Stadtpatrons St. Apollinaris von Ravenna am 23. Juli und das Kirchweihfest der katholischen Basilika St. Lambertus in der Düsseldorfer Altstadt. Die Geschichte geht ins Jahr 1435 zurück auf ein Vogelschießen. Das Fest, das sich daraus entwickelte, soll im 16. Jahrhundert sogar die Brautwerber des damaligen englischen Königs Heinrich VIII. angelockt haben, um dessen künftige Ehefrau Anna von Kleve zu sehen. Mit dem Ortswechsel 1901 auf die Festwiese in Düsseldorf-Oberkassel, stieg die Besucherzahl und auch die Bedeutung der Rheinkirmes.

Cannstatter Wasen in Stuttgart

Zu den besonders großen Volksfesten zählt auch der Cannstatter „Wasen“ in Stuttgart. Er beginnt traditionell in der letzten Septemberwoche, kurz vor dem Geburtstag des früheren württembergischen Königs Wilhelm I. am 27. September. Symbol ist die 26 Meter hohe Fruchtsäule mit der 600 Kilogramm schweren Schale obenauf. Die Säule war bereits 1818 beim ersten „Landwirtschaftlichen Fest zu Kannstatt“ Mittelpunkt der Veranstaltung als Symbol für Fruchtbarkeit und reiche Ernte. Der württembergische Hofbaumeister Nikolaus Friedrich von Thouret hat sie einst entworfen. Damals war sie noch weithin sichtbar.

Inzwischen verschwindet das Wahrzeichen optisch zwischen Achterbahnen und anderen waghalsig hohen Fahrgeschäften. Mit dem Volksfest findet traditionell ein Markt statt. Angeboten werden dort verschiedene Kleinartikel für den Alltag wie Pfannen und Töpfe, Textilien und Gewürze. Seit 2007 gibt es Hütten im Stil eines Bergdorfes, in denen verschiedene Regionen ihre Spezialitäten anbieten.

Dhruv Rathee besucht Münchens berühmtes Oktoberfest

Dhruv Rathee besucht Münchens berühmtes Oktoberfest
Dhruv Rathee besucht Münchens berühmtes Oktoberfest ©

Cranger Kirmes in Herne

Die Tradition der Bergleute prägen die Cranger Kirmes. Sie findet auf dem ehemaligen Gelände des Schachtes 5 der Zeche „Unser Fritz“ direkt am Rhein-Herne-Kanal statt. Am Vortag der Eröffnung gibt es einen Markt für Pferde, die früher wichtig waren für die Arbeit unter Tage. Zum offiziellen Beginn am Nachmittag des ersten Freitags im August spielt eine Bergmannskapelle. Urkunden verweisen auf eine Jahrmarktsgeschichte, die bis ins Jahr 1500 zurückreicht. Mit vielen Fahrgeschäften, Feuerwerk und Festumzug dazu jede Menge Essensständen bietet die Cranger Kirmes alles, was ein Volksfest ausmacht. Bezahlen kann man in der volksfesteigenen Währung Crange-Taler, aber auch mit Euro. Maskottchen ist das Grubenpferd Fritz. Entworfen hat es 1996 der Künstler Dietmar Kremer, genau wie den Fritz-Pin, der bei Sammlerinnen und Sammlern sehr begehrt ist. In elf Tagen werden je nach Wetter etwa vier Millionen Besucherinnen und Besucher gezählt.

Freimarkt in der Hansestadt Bremen

Das größte Volksfest im Norden ist der Bremer Freimarkt. Beginn ist Mitte Oktober, er gilt als die fünfte Jahreszeit der Stadt. Wenn dem Roland, der Symbolfigur für Freiheit und Rechte vor dem Rathaus, das Freimarkt-Herz umgehängt wird, dann heißt es offiziell auf Plattdeutsch: „Ischa Freimaak“. Das gilt zwei Wochen als charmante Entschuldigung, für alle Unpässlichkeiten, denn „es ist Freimarkt“. Gegessen wird viel Backfisch und so manches Krabbenbrötchen, außerdem jede Menge Sahneeis mit Schokostreuseln. Letzteres passt nicht so recht zum Bier, was natürlich hier auch getrunken werden kann. Mit der Verleihung des Marktrechtes durch Kaiser Konrad II. begann 1035 die Tradition dieses Festes. Ursprünglich brachten die Bauern ihre Ernte zum Verkauf und erzählten einander den neuesten Klatsch und Tratsch.

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