Abenteuer Deutschland: Vom Stipendiaten zum Werksleiter

DAAD-Alumnus Otto Plettner ist heute über 80 Jahre alt.
© Otto Plettner

In unserer Serie berichten internationale Deutschland-Alumni, welche Rolle ihre Förderung und der Aufenthalt in Deutschland bei ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang gespielt hat. Für Ingenieur Otto Plettner aus Mexiko war sein Deutschlandaufenthalt ein wahres Sprungbrett für die Karriere.

„Deutschland war immer Teil meines Lebens und wird es auch bleiben“ – Alumnus Otto Plettner

Für Otto Plettner war die Reise nach Deutschland ein echtes Abenteuer. Der damals 24-jährige Ingenieur für chemische Verfahrenstechnik wollte das Land seiner Vorfahren kennenlernen und nutzte die Gelegenheit, um mit einem Stipendium ein Auslandssemester zu absolvieren. Anstatt den Weg per Flugzeug zu nehmen, entschied er sich für eine Reise auf einem Frachter – das versprach ihm mehr Abenteuer. Heute, im Alter von 84 Jahren, erinnert er sich: „Offen gestanden hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, was mich erwarten würde.“ Die Odyssee führte ihn von Mexiko-Stadt über die USA und die Bahamas, quer über den Atlantik bis nach Antwerpen. „Die Seereise dauerte über einen Monat, und wir gerieten einmal in einen schweren Sturm, doch ich habe es trotzdem genossen“, erzählt Otto Plettner. Von Antwerpen aus setzte er seine Reise mit dem Zug nach Freiburg im Breisgau fort.

Der Weg zum DAAD-Stipendium

Bereits von Mexiko aus hatte er sich um ein Stipendium beim beworben und den Antrag Mitte 1964 bei der deutschen Botschaft eingereicht. „Ein großer Vorteil war, dass mein älterer Bruder ebenfalls ein DAAD-Stipendium erhalten hatte, sodass ich wusste, was zu tun war“, berichtet Plettner. Im April 1965 begann er schließlich am Institut für Makromolekulare Chemie der als Assistent eines Chemieprofessors. Dort vertiefte er seine Kenntnisse in der Kunststoff-Chemie – ein Fachgebiet, das für seine spätere Karriere von großer Bedeutung sein sollte. „Der DAAD hatte mir diese Stelle vermittelt, wofür ich noch heute extrem dankbar bin“, betont Otto Plettner.

Besonderheiten im deutschen Hochschulsystem

Das Stipendium beinhaltete eine monatliche Zuwendung, von der er seine laufenden Ausgaben wie beispielsweise die Unterkunft im Studentenheim finanzieren konnte. Zudem konnte er über das Stipendium an der Universität mehrere Fächer kostenfrei belegen. Als eine gewisse Herausforderung empfand Otto Plettner es, sich mit dem zurechtzufinden, das sich deutlich von dem in Mexiko unterschied. „In Deutschland gab es damals keine Fachrichtung für chemische Verfahrenstechnik, man studierte entweder Chemie oder Ingenieurwesen“, erklärt er.

Was sich ebenfalls stark zum Leben eines Studierenden in der Heimat unterschied, dem jungen Mann aber sehr zusagte: In Freiburg hatte er ein Zimmer in einem Studentenwohnheim. „In Mexiko gab es keine solchen Einrichtungen. Ich wohnte bis zu meinem Diplom bei meinen Eltern“, erzählt der 84-Jährige. Das Wohnheim lag idyllisch an einem Baggersee und Otto Plettner erinnert sich gerne an diese Zeit zurück. Diese Zeit hat der Sohn eines Kaffeeplantagenbesitzers in sehr guter Erinnerung. Besonders schätzte er die schnellen und unkomplizierten Kontakte zu anderen Studierenden. Eine Freundschaft, die er damals mit einem Medizinstudenten aus Berlin schloss, hielt über vier Jahrzehnte, bis zu dessen Tod.

Stipendium als Karrieresprung bei BASF

Neben seinem erfolgreichen Studienabschluss kam Otto Plettner in Deutschland auch zugute, dass im Elternhaus stets Deutsch gesprochen wurde und er in Mexiko eine deutsche Schule besucht hatte. Bis heute spricht er Deutsch fließend, fast wie ein Muttersprachler.

Nach dem Studium führte sein Weg direkt zu in Ludwigshafen, doch sein Aufenthalt in der Stadt am Rhein währte nicht lange. „Schon bald hörten die Verantwortlichen in Mexiko davon, dass bei BASF in Deutschland ein Mexikaner mit einem für sie interessanten Hintergrund arbeitete. Sie boten mir den Posten des Werksleiters der EPS-Rohstoffanlage von BASF in meiner Heimat an“, berichtet Plettner. Dies stellte eine bedeutende Karrierestufe für ihn dar, und er nahm die Herausforderung an. 20 Jahre lang war er für den Chemiekonzern tätig, bevor er in den 1980er Jahren das Unternehmen verließ und sich selbstständig machte.

Der Kontakt zu Deutschland bleibt bestehen

Der Kontakt nach Deutschland ist nie abgerissen. Auch, weil durch die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1989 Liegenschaften der Familie seines Vaters in Sachsen-Anhalt in den Besitz der Plettners zurückfielen. Sein Ururgroßvater hatte Mitte des 19. Jahrhunderts in Halberstadt ein stattliches Fachwerkhaus mit zwei Ackerflächen erworben. Otto Plettner übernahm stellvertretend für seinen Vater die Aufgabe, sich um das Besitztum in der ehemaligen zu kümmern. Seit 34 Jahren reist er jährlich nach Deutschland, um die Sanierungsarbeiten zu überwachen. „Es ging zunächst äußerst schleppend voran, doch seit 2014 das Deutsche Fachwerkzentrum involviert ist und auch Fördermittel zur Verfügung stehen, hat das Vorhaben an Schwung gewonnen“, berichtet der Immobilienbesitzer. Das Gebäude ist inzwischen außen fertiggestellt, innen jedoch noch im Rohzustand. Am 8. September, zum Tag des Offenen Denkmals, wird Otto Plettner also wieder nach Deutschland reisen – diesmal allerdings mit dem Flugzeug, nicht mit dem Frachter.

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