Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre DAAD in Kenia
- 2023-12-21
- Miriam Hoffmeyer
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„Ein wichtiger Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region“: Wie die DAAD Außenstelle Nairobi zu starken Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Ostafrika beiträgt.
Vor 50 Jahren eröffnete der DAAD in einem winzigen Büro seine Vertretung in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Seither sind enge und vielfältige Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Ostafrika entstanden: Seit 1973 wurden rund 45.000 Studierende, Lehrende und Forschende aus sieben ostafrikanischen Staaten durch den DAAD gefördert. Allein mit Kenia unterhalten deutsche Hochschulen derzeit fast 60 Kooperationen. Und in der DAAD Außenstelle Nairobi berät heute ein zehnköpfiges Team über Studien- und Forschungsmöglichkeiten in Deutschland, Stipendienprogramme, deutsch-ostafrikanische Kooperationen in Lehre und Forschung sowie Weiterbildungsangebote für akademisches Lehrpersonal an ostafrikanischen Hochschulen.
Durch die Förderung global ausgerichteter Hochschulsysteme in Ostafrika habe der DAAD einen wichtigen Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region geleistet, sagte Dr. Asha-Rose Migiro, ehemalige stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen und DAAD-Alumna, am 19. September 2023 zum Auftakt der zweitägigen Jubiläumsveranstaltung in Nairobi. Angereist waren DAAD-Alumnae und -Alumni aus Äthiopien, Burundi, Kenia, Ruanda, Südsudan, Tansania und Uganda. DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks erinnerte in seiner Rede daran, dass die Bundesrepublik Deutschland 1963 als erstes Land die Unabhängigkeit Kenias anerkannt hatte. Die Alumni seien „der Anker der guten bilateralen Beziehungen“.
Sonderprogramme als schnelle Reaktion auf Krisen
Das erste DAAD-Programm für Ostafrika waren Surplace-/Drittlandstipendien, mit denen Akademikerinnen und Akademiker bis heute dabei unterstützt werden, in ihrem Herkunftsland oder anderen Ländern der Region ein Master- oder Promotionsstudium zu absolvieren. „Das Programm ist weiterhin hochattraktiv“, sagt Beate Schindler-Kovats, Leiterin der DAAD Außenstelle Nairobi. Über die Jahre kamen zahlreiche weitere Stipendienprogramme hinzu, darunter auch Sonderprogramme als schnelle Reaktion auf Krisen. „Nach dem Überfall der islamistischen Al-Shabab-Miliz auf die Universität Garissa im Osten Kenias wurde 2015 ein Programm ins Leben gerufen, damit Bachelorstudierende ihr Studium an anderen Hochschulen fortsetzen konnten“, sagt Schindler-Kovats. Besonders beliebt sind Stipendien für einen Deutschlandaufenthalt – vom Sommerschulprogramm bis zum kompletten Masterstudium beispielsweise über das oder für eine Promotion.
Dr. Ezekiel Mecha, Dozent an der Fakultät für Biochemie der Universität Nairobi, hat von 2010 bis 2014 an der Justus-Liebig-Universität Gießen promoviert. „Das DAAD-Stipendium hat es mir ermöglicht, dort auf sehr hohem Niveau zu forschen und mich mit Forschenden aus vielen verschiedenen Disziplinen auszutauschen“, sagt Mecha. Darüber hinaus habe er an internationalen Konferenzen und Workshops teilnehmen können: „So konnte ich mir ein großes Netzwerk aufbauen.“ Nach seiner Rückkehr nach Kenia half ihm dieses Netzwerk, neue Partnerschaften zwischen der Universität Nairobi und Hochschulen in der ganzen Welt aufzubauen.
Die ersten Endometriose-Konferenzen in Ostafrika
Ezekiel Mecha ist Spezialist für Endometriose, eine Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut, die ohne Behandlung zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Um die wenig bekannte Krankheit stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, organisierte Mecha mit Unterstützung des DAAD 2021 und 2022 die ersten beiden ostafrikanischen Endometriose-Konferenzen. „Bei der Aufklärung haben wir bereits erste Erfolge erzielt“, sagt Mecha. Der Wissenschaftler, der 2023 in den Vorstand der World Endometriosis Society berufen wurde, engagiert sich auch im Alumniverein . „DAAD-Alumni können viel voneinander lernen“, sagt Mecha, „und es ist toll, dass man auch nach dem Ende des Stipendiums Unterstützung etwa für Veranstaltungen erhalten kann.“
Neben der Individualförderung habe seit den Nuller-Jahren die Projektförderung stark an Bedeutung gewonnen, sagt Beate Schindler-Kovats: „Das DAAD Außenbüro Nairobi hat sich zu einem Netzwerkzentrum entwickelt, das die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ostafrika und Deutschland auf verschiedenen Ebenen fördert – von Einzelstipendien über Hochschulpartnerschaften bis hin zur Förderung von Hochschulsystemen.“ Zur Qualitätssicherung tragen seit vielen Jahren die Hochschulmanagement-Weiterbildungen im Rahmen des DAAD-Programms bei.
Role Model für Mädchen in Südsudan
Von 2008 bis 2018 förderte der DAAD 13 , darunter das . Im Rahmen dieses Projekts absolvierte Dr. Charity Wibabara von 2009 bis 2013 ihr Master- und Promotionsstudium an der University of Western Cape in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin. Heute ist sie Koordinatorin der Abteilung für internationale Verbrechen bei der Nationalen Staatsanwaltschaft in Ruanda und verfolgt insbesondere Fälle, die vom Internationalen Strafgerichtshof ICTR nach Ruanda übertragen wurden. „Zu meinen wichtigsten Aufgaben gehört es, eine Strafverfolgung im Einklang mit internationalen Standards sicherzustellen“, erläutert sie. Die Juristin ist auch Mitglied des Beirats des , in dem sich die Alumnae und Alumni ihres Studiengangs austauschen und in Arbeitsgruppen weiterhin gemeinsam forschen können. „Es ist entscheidend, dass wir in Verbindung bleiben, damit wir auch in Zukunft relevante Arbeit für unsere Gemeinschaften leisten können“, sagt Charity Wibabara.
Für eine Nichtregierungsorganisation in Südsudan entwickelt Betty Bashir Mamoun Adong Gleichstellungsprogramme mit dem Ziel, Frauen gerechter an der Landnutzung zu beteiligen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen. „Nur 28 Prozent der Südsudanesinnen können lesen und schreiben, sehr viele Mädchen werden schon vor der Pubertät verheiratet“, sagt Adong. Von 2019 bis 2021 hat sie an der Alice Salomon Hochschule Berlin ihr Masterstudium „Intercultural Conflict Management“ absolviert, mit einem Stipendium der Open Society Foundation. Der DAAD unterstützte sie zusätzlich mit Reisekostenzuschüssen und Deutschkursen. „Es war mein großer Wunsch, an einer friedlicheren und gerechteren Gesellschaft in Südsudan mitzuarbeiten – das hat das Studium in Berlin mir ermöglicht. Es war eine einzigartige Erfahrung“, sagt Betty Adong. Sie habe nicht nur Wissen erworben, sondern ihre ganze Denkweise verändert: „Ich bin in Berlin offener, selbstbewusster und optimistischer geworden. So konnte ich ein Role Model für junge Mädchen in Südsudan werden.“
Frauen besser fördern
Die fachlichen Schwerpunkte der deutsch-ostafrikanischen Wissenschaftszusammenarbeit sind traditionell Gesundheitswissenschaften wie Tropenmedizin, aber auch Bergbau und Agrarwissenschaften. Dieses Spektrum hat sich nach und nach erweitert, auch mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Kooperationen gibt es heute auch in der Forschung zum Klimawandel, zu Erneuerbaren Energien wie Grünem Wasserstoff und zu Digitalisierungsthemen. Ein Beispiel ist das 2021 gegründete , zu dessen Partnern die Universität Nairobi gehört. Ein Thema für die künftige Zusammenarbeit ist die Kolonialforschung. Das neue DAAD-Programm richtet sich unter anderem an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus Afrika.
In den nächsten Jahren plant die DAAD Außenstelle Nairobi unter anderem, Frauen besser zu fördern, etwa durch Mentorenprogramme, und das Angebot an Weiterbildung auszubauen. „Die Nachfrage ist stark gewachsen – nicht nur an fachlicher Weiterbildung, sondern beispielsweise auch an Führungs- und Supervisions-Seminaren für Postdocs an ostafrikanischen Hochschulen“, sagt Beate Schindler-Kovats. Allgemein sei das große Interesse an Deutschland in letzter Zeit noch gestiegen. Das liege auch an der aktuellen Diskussion um den Fachkräftemangel: „Deutschland wird in Ostafrika als sehr attraktives Land wahrgenommen, nicht nur zum Studieren, sondern auch zum Arbeiten.“
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Weiterführende Links
Doppelinterview mit Sebastian Groth, deutscher Botschafter in Kenia, und Dr. Kai Sicks, Generalsekretär des DAAD.