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Ein Stich gegen Malaria

Zwei Wissenschaftlerinnen im Labor
© Forschungszentrum Jülich

Die DAAD-Alumnae Dr. Gabriela Figueroa Miranda und Dr. Viviana Rincón Montes arbeiten als Postdocs am Forschungszentrum Jülich an einem neuen, hochwirksamen Schnelltest für Malaria. Im Mai 2022 wurden sie dafür mit dem Innovationspreis des Landes NRW ausgezeichnet.

Bahnbrechende Innovationen sind fast immer das Ergebnis von Teamarbeit. Als sich die junge Medizintechnikerin Gabriela Figueroa Miranda im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der RWTH Aachen 2016 daran machte, einen neuartigen Schnelltest für Malaria zu entwickeln, war ihr schnell klar: Das schaffe ich nicht alleine. Zwar funktionierte ihr Ansatz unter Laborbedingungen schon erstaunlich gut. Doch um ihre Methode auch im Alltag einsatzfähig zu machen, brauchte sie Unterstützung. „Und da habe ich mich an Viviana erinnert, die mir kurz vorher bei einer DAAD-Veranstaltung in Bremen über den Weg gelaufen war“, erzählt Figueroa Miranda.

Wie Figueroa Miranda absolvierte auch die Elektrotechnikerin Viviana Rincón Montes ihre Promotion an der RWTH Aachen, mit dem Fokus auf intraretinale Implantate.

Figueroa Miranda kam mithilfe eines Master-Stipendiums des DAAD aus Mexiko zunächst an die FH Aachen und wurde auch bei ihrer Promotion durch den DAAD unterstützt. Auch Rincón Montes aus Kolumbien kam mit einer DAAD-Stipendium nach Deutschland. Schnell fanden die beiden zusammen. „Ihr Hintergrund im Bereich Elektronik und Mikrofabrikation ergänzte sich einfach perfekt mit meiner Expertise im Bereich Biosensorik und Elektrochemie“, so Figueroa Miranda. Also machen sie sich gemeinsam an die Arbeit, Figueroa Mirandas Idee weiter zu verfeinern und den Ansatz aus dem Labor in die konkrete Anwendung zu bringen. Im Augenblick arbeiten beiden als Postdocs am Institut für Biologische Informationsprozesse – Bioelektronik (IBI-3) des Forschungszentrums Jülich.

Aktuelle Schnelltests liefern nicht genügend Informationen

Malaria zählt zu den ältesten dokumentierten Infektionskrankheiten der Welt. Die ersten Fälle wurden bereits im ersten Jahrtausend vor Christus in Griechenland und China erfasst. Inzwischen plagt die Krankheit weltweit über 200 Millionen Menschen. Im Coronajahr 2019 wurden annähernd so viele Malaria-Fälle wie Covid-19-Fälle registriert. Leider gibt es, anders als beim Coronavirus, für die Erreger der Malaria im Augenblick keinen wirklich zuverlässigen Schnelltest. „Und das ist aus zwei Gründen ein Riesenproblem“, erklärt Figueroa Miranda. „Zum einen natürlich die Unsicherheit, ob man sich tatsächlich infiziert hat. Und zum anderen gibt der Schnelltest keinen Hinweis darauf, wie stark der Befall an Erregern ist.“ Diese Information sei aber entscheidend dafür, welche Art der Therapie man wähle, so die Forscherin.

Besonders tragisch dabei: Malaria ist relativ leicht zu behandeln, insbesondere in den frühen Stadien der Infektion. Bleibt sie unerkannt oder erfolgt die falsche Behandlung, steigt das Sterberisiko. Jedes Jahr sterben allein in Afrika und Indien mehr als 400.000 Menschen, die meisten davon Kinder. Und etwas Weiteres komme laut Figueroa Miranda hinzu: Malaria werde von Parasiten verursacht, den sogenannten Plasmodien. Diese treten in verschiedenen Arten auf. Die Information darüber, von welcher genau man befallen ist, sei ebenfalls maßgeblich dafür, ob eine Therapie bei den Patientinnen und Patienten überhaupt anschlage. „Zwischen fünf und 20 Prozent der Kranken können deshalb im Augenblick nicht richtig behandelt werden.“ Das erzeuge auch enorme Kosten, etwa zwölf Milliarden Dollar gehen in Afrika auf diese Weise jedes Jahr verloren, berichtet Figueroa Miranda.

Biosensortechnik soll Abhilfe schaffen

Figueroa Miranda und Rincón Montes wollen das ändern. Und zwar mithilfe eines Biosensors, der die Krankheit schnell und zuverlässig nachweisen kann. Notwendig dafür ist lediglich eine winzige Blutprobe aus dem Finger, wie bei der Messung des Blutzuckers.

Anders als bei herkömmlichen Tests, die mit der Detektion von Antikörpern arbeiten, werden hier spezifische Proteine erkannt, die sich eindeutig zu einer spezifischen Parasitenart zuordnen lassen. Möglich wird das durch sogenannte Aptamere, künstlich erzeugte DNA-Moleküle, die sich an die Proteine haften und dabei ein Signal erzeugen. „Wir können für jede Art auch messen, wie stark der Befall ist“, erklärt Viviana Rincón Montes. „Das ermöglicht es, die Patientinnen und Patienten nicht nur mit dem richtigen Wirkstoff, sondern auch mit der richtigen Dosis zu behandeln.“ Im Labor funktioniert das alles schon mit beeindruckender Genauigkeit, jetzt gehe es darum, so Rincón Montes, ein kleines, handliches Gerät zu entwickeln, das überall eingesetzt werden kann – gerade auch in entlegenen Gebieten. „Wir stellen uns ein Gerät vor ähnlich wie zur Messung des Blutzuckers bei Diabetikern.“ Im Anschluss könnten die Daten auf eine Smartphone-App übertragen werden, was eine präzisere epidemiologische Überwachung ermöglicht sowie die Überwachung der eigenen Therapie erleichtert.

Grundsätzlich eignet sich das Gerät auch zur Erkennung verschiedener anderer Infektionskrankheiten. Ihren Biosensor haben Figueroa Miranda und Rincón Montes bereits zum Patent angemeldet, auch die Ausgründung eines Start-ups ist geplant. Im Augenblick sei man hauptsächlich auf der Suche nach finanzieller Unterstützung zur Entwicklung eines Prototyps, sagten die beiden anlässlich der Verleihung des Innovationspreises des Landes NRW in der Kategorie „innovation2business“ Ende Mai 2022. Zwar müssen die Forscherinnen die genaue Wirksamkeit ihres Ansatzes noch im Rahmen von klinischen Studien nachweisen, sie sind aber zuversichtlich, einen echten Durchbruch erzielen zu können. Die Jury des NRW-Innovationspreises würde ihnen wohl zustimmen, sie bescheinigte ihrer Idee eine „überaus hohe Innovationsqualität“.

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