Initiative für lebenswerte Städte
- 2022-07-19
- Christina Pfänder
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Klimawandel, wachsende Metropolen, Luftverschmutzung und Gentrifizierung: Die Anforderungen an eine moderne, nachhaltige Stadtplanung sind groß. Gefragt sind innovative Ansätze, die zwischen Forschung und Praxis eine Brücke schlagen – so wie die neu gegründete Initiative „Humboldt Cities: Research, Practice, Cases“. Forschende sowie Fachpersonen aus der Praxis diskutieren eine Stadtentwicklung der Zukunft, die den Kriterien der Nachhaltigkeit genügt.
„Das Netzwerk steht Humboldt-Alumni und -Alumnae aus allen Ländern offen“, sagt Gründungsteammitglied Jennifer Gerend, die an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf die Professur für Regionalmanagement & Sozialwissenschaftliche Methoden hat. „Ich sehe es als einzigartige Gelegenheit, mit internationalen Expertinnen und Experten in Verbindung zu kommen, die ich ohne das Netzwerk vielleicht nie kennenlernen würde.“ Es haben sich schon ein paar renommierte neue Mitglieder für das Netzwerk gemeldet: Prof. Dr. Matthew Gandy und Professor Dr. Neil Brenner.
Im Frühjahr 2022 wurde das Projekt mit einem ausgezeichnet. „Bislang existierte kein internationales Humboldt-Netzwerk zur Stadtplanung“, sagt Dr. Li Fan, die als Senior Researcher an der Technischen Universität Berlin am Fachbereich für Stadtforschung und Design arbeitet und ebenso zum Gründungsteam des Netzwerks gehört. „Dabei lohnt der länderübergreifende Austausch: In verschiedenen Regionen der Welt stehen wir vor ähnlichen stadtplanerischen Problemen.“
Globale Entwicklung: vom Land in die Stadt
Denn ob in Europa, Asien, Afrika oder den USA: Immer mehr Menschen verlassen die dörflichen Milieus. Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in der Stadt; nach einer Prognose der UNO werden im Jahr 2050 mehr als 65 Prozent der Weltbevölkerung dort zu Hause sein. Eine nachhaltige Entwicklung der Städte und ihren Regionen ist deshalb umso wichtiger und sollte Interessen der Gesellschaft und der Wirtschaft energie- und ressourcenschonend miteinander vereinen. „Die Transformation zur Nachhaltigkeit benötigt allerdings viel Fläche, beispielsweise für Solaranlagen und Windräder, aber auch für die Landwirtschaft und Biodiversität“, sagt Gerend. „Deshalb sehe ich keinen Grund, bislang unbebaute Gebiete für neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Vielmehr gilt es, Gebäude in der Stadt und auf dem Land zu erhalten und an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.“
Eng mit diesem Aspekt verknüpft ist eine weitere globale Herausforderung: der soziale Wohnungsbau. „Arme Menschen haben in fast allen Weltregionen Schwierigkeiten, bezahlbare Wohnungen in den Städten zu finden“, erklärt Fan. „Um eine Gentrifizierung zu verhindern und gleichzeitig Baumaterial zu sparen, sollte die öffentliche Hand Sanierungen finanziell unterstützen. Der Erhalt von Gebäuden ist in der Regel weniger gewinnbringend als lukrative Neubauten.“ Auch soziale Treffpunkte und öffentliche Einrichtungen müssen jeder Bürgerin und jedem Bürger offenstehen und die Möglichkeit zur Partizipation und zur Erholung bieten – unabhängig vom jeweiligen Einkommen und Status. „Deutschland ist in dieser Hinsicht besser aufgestellt als beispielsweise Ostasien“, sagt Fan. „Dort müssen die Städte wieder stärker auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet werden.“ Zudem gelte es, die Natur in die Metropolen zu integrieren – grüne Städte verbessern nicht nur die Luft- und Lebensqualität und das Verständnis für die Natur, sondern können als Ort der Biodiversität einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Stadt der Zukunft schafft Alternative zum Pkw
Im Herbst startet die Initiative mit ersten Veranstaltungen. Zum Kennenlernen sind zwei digitale World Cafés geplant. „Wir werden auf der Basis von Fallstudien arbeiten“, erläutert Gerend. „Damit bringen wir aktuelle wissenschaftliche Forschung mit spannenden Projekten aus der Praxis zusammen.“ Potenzial für fruchtbaren internationalen Austausch gibt es bei verschiedensten Planungsprozessen und Projekten. Vielleicht arbeitet eine Planerin oder ein Planer beispielsweise gerade an einem Brückenbau. „Wie wir aus der Geschichte wissen, sind das keine reinen Infrastrukturprojekte“, sagt Gerend. „Manche gesellschaftlichen Gruppen und Quartiere leiden unter den negativen Auswirkungen wie der Zunahme von Lärm und Verkehr, andere profitieren von dem Projekt.“ Klar ist: Eine Stadt der Zukunft setzt auf öffentliche Verkehrsmittel und gut ausgebaute Fahrrad- und Fußgängerwege als Alternative zum Pkw. „Positiv ist, dass die meisten deutschen Städte bereits heute über ein gut ausgebautes Netz für Bus und Bahn verfügen“, sagt Gerend.
Über die kommenden Workshops, Vorträge und Diskussionen möchte die Initiative auch im Alumniportal Deutschland informieren. „Wir bitten jedes Mitglied der Humboldt Cities sich dort “, sagt Fan. „Das ist für uns eine gute Möglichkeit zur Vernetzung und zum Informationsaustausch.“
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Irma Erzsébet Gáspár
24.05.2023
Sehr informative und aufschlußreiche Gedanken.