Von der Arktis bis ins Korallendreieck: Der Klimawandel ist überall spürbar
- 2021-12-14
- Josefine Janert
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Welche Faktoren beeinträchtigen die Meere am meisten? Als Moderator José Bolaños den Teilnehmenden einer digitalen Veranstaltung am 10. November 2021 diese Frage stellte, waren sie sich schnell einig: Verschmutzung, Müll, Lärm, Klimawandel. Darin stimmten sie auch mit den vier Expertinnen und Experten überein, welche das Alumniportal Deutschland zur Podiumsdiskussion „Der Zustand unserer Ozeane – gefährdete Lebensräume, bedrohtes Klima“ eingeladen hatte.
Henry Wu leitet eine Nachwuchsforschungsgruppe für Korallen-Klimatologie am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung. Ermöglicht wird diese durch das vom Bundesforschungsministerium finanzierte und vom verwaltete Förderprogramm „Make Our Planet Great Again – German Research Initiative“. Wu wartete mit beunruhigenden Zahlen auf: 95 Prozent der Korallen im östlichen Asien seien gefährdet. Im Atlantik seien es 75 Prozent, im Indischen Ozean 65 Prozent. „Aufgrund des Klimawandels wird es künftig häufiger zur Korallenbleiche kommen“, sagte der Wissenschaftler.
Korallen leben normalerweise in Symbiose mit einzelligen Algen, die ihnen ihre Farben verleihen. Aufgrund der Erwärmung der Ozeane stoßen sie diese ab und verlieren damit ihre Nährstoffquelle. Sie ragen wie bleiche Skelette in die Höhe. An der Bleiche können nicht nur die Korallen selbst zugrunde gehen, sondern auch Lebewesen in ihrer Umgebung.
An der Arktis die Zukunft ablesen
Neben dem Klimawandel als globalem Einfluss nannte Henry Wu auch lokale Stress-Faktoren: nicht regulierte Fischerei sowie durch Pestizide, Plastikmüll und andere Stoffe verunreinigtes Wasser.
Nach Meinung des Meeresbiologen und DAAD-Alumnus Hawis Madduppa gehört auch die intensive Schifffahrt dazu. Er ist Außerordentlicher Professor und leitet das Labor für Marine Biodiversität und Biosystematik an der Agricultural University in der Stadt Bogor. Madduppas Heimatland Indonesien liegt im sogenannten Korallendreieck – einer Weltregion, in der besonders viele Korallen leben.
Klimawandel und Schmutz bedrohen noch weitere Meeresbewohner, wie Clara Hoppe berichtete, ehemalige der Alexander von Humboldt-Stiftung und heute leitende Forscherin am . Sie beschäftigt sich insbesondere mit Mikroalgen, die für andere Lebewesen im Arktischen Ozean eine wichtige Nahrungsquelle sind. Sie leiden an der höheren Temperatur und Versauerung des Wassers. „Wenn man die Effekte des Klimawandels verstehen will, ist die Arktis zentral“, sagte die Wissenschaftlerin. „Die Erwärmung geht dort zwei Mal so schnell vonstatten wie im Rest der Welt.“ Daher könnten die Forscherinnen und Forscher die Arktis für Voraussagen zu globalen Entwicklungen benutzen. Was sie dort feststellten, sei besorgniserregend, so Hoppe.
DIE EXPERTINNEN UND EXPERTEN
Gemeinsam gegen Müll im Meer
Der vierte Experte bei der Podiumsdiskussion, der Brasilianer Marlus Oliveira, kämpft gegen den Müll im Meer. Der Rechtsanwalt hat einen Masterabschluss in Umweltingenieurwesen und erhielt für seine Forschungen ein der Alexander von Humboldt-Stiftung. „Was mich am meisten beunruhigt: Vielen Menschen ist die Tragweite ihres Handelns nicht bewusst. Ihr Müll ist kein lokales Problem“, sagte Oliveira. Plastikverpackungen, die an seinem Wohnort Rio de Janeiro in den Gulli geworfen werden, könnten bis an die Küste eines anderen Kontinents gespült werden.
„Das Müllproblem kann nicht allein von den Vereinten Nationen, den Behörden und durch neue Technologien gelöst werden“, mahnte der Jurist. „Auch die Menschen müssen umdenken.“ Er berichtete von einigen kostengünstigen und effektiven Denkanstößen, die er in verschiedenen Ländern kennengelernt hat: Ein kleiner, auf die Wand gezeichneter Fisch macht Passantinnen und Passanten in einem Entwicklungsland darauf aufmerksam, dass das, was sie in den Gulli werfen, ungefiltert ins Meer transportiert wird. Gelbe, auf den Bürgersteig aufgemalte Fußstapfen markieren den Weg zum nächsten Mülleimer. Auch das deutsche Pfandsystem habe ihn beeindruckt, sagte Oliveira.
Mehr Investitionen und interdisziplinäre Forschung
Hawis Madduppa mahnte eine intensive Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und Wissenschaft sowie Umweltbildung für die Bevölkerung an. „Viele Menschen wissen noch immer nicht, was der Klimawandel ist, und was es bedeutet, wenn die Artenvielfalt zurückgeht“, sagte er. So müssten etwa Fischer:innen darin geschult werden, ihre Gerätschaften und Materialien an Land zurückzubringen und sie erneut zu verwenden.
Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021 bis 2030 zur erklärt. Auch auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow waren die Ozeane und ihre Rolle in Zusammenhang mit dem Klimawandel Thema. Ihren Zustand zu verbessern, wird ein schwieriger Prozess werden, der nur durch die Zusammenarbeit von Staaten gelingt. Das hat die Podiumsdiskussion eindrücklich gezeigt. Und auch, dass bald etwas geschehen muss, um die Meere und ihre Bewohner zu retten.
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