Mein Ehrenamt – eine Quelle des Glücks
- 2023-01-26
- Christian Heinrich
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„Ich war 2015 gerade für mein Masterstudium der Sozialwissenschaft von Tunesien nach Bochum gezogen, als die Fluchtbewegungen nach Deutschland vor allem aus Syrien ihren Höhepunkt erreichten. Obwohl ich selbst gerade erst angekommen war, fühlte ich sehr bald das ,Wir‘ in Angela Merkels Satz: ,Wir schaffen das.‘ Ich begann, mich ehrenamtlich zu engagieren, um auch zum „Schaffen“ etwas beizutragen: Durch intensives Deutschlernen konnte ich deutschsprachige Texte, Anleitungen und Guidelines ins Arabische übersetzen und so hoffentlich einigen Geflüchteten die Orientierung und das Ankommen etwas erleichtern.
Mein zweites ehrenamtliches Engagement fünf Jahre später war etwas unmittelbarer: 2020 habe ich begonnen, in Düsseldorf in einem Psychosozialen Zentrum für Geflüchtete mitzuarbeiten. Ich ging dort drei, vier Stunden in der Woche hin und traf mich mit Neuangekommenen zum Spazierengehen oder Reden – oder vielmehr: Ich hörte zu. Denn ich hatte schnell gelernt, dass es vielen Menschen schon hilft, wenn sie jemanden haben, der ihnen zuhört. Mit einer Iranerin, die wegen häuslicher Gewalt aus Iran geflohen war, traf ich mich regelmäßig, es entstand eine Freundschaft zwischen uns.
Ob bei der Übersetzung der Texte oder bei der Arbeit im Psychosozialen Zentrum: Dadurch, dass ich etwas gegeben habe, habe ich ein noch tieferes Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft entwickelt – zur deutschen Gesellschaft, aber auch im humanistischen Sinne zur Weltgesellschaft. Das mag jetzt hochtrabend klingen, aber genau das macht ehrenamtliches Engagement für mich so besonders: Ich mache es nicht für Geld, sondern für einen höheren Zweck: für das Wohl anderer.
Die Arbeit im Psychosozialen Zentrum für Geflüchtete hat meine Perspektiven erweitert und war trotz teilweise schrecklicher Erlebnisse, die die Geflüchteten mir geschildert haben, eine Quelle des Glücks: Sich mit anderen Menschen austauschen zu dürfen, ist für mich immer ein Geschenk. Und ihnen damit auch noch helfen zu können, ist umso besser.“
„Ich sehe es in Indien, wo ich in der urbanen Region von Neu-Delhi lebe, im Grunde jeden Tag: Ehrenamtliches Engagement ist eine Kraft der vielen Hände, die gemeinsam im Kleinen wie im Großen eine Menge bewegen. Es gibt unzählige Programme in Indien, die sich insbesondere dem Erreichen der (Sustainable Development Goals, SDGs) verschrieben haben. Jedes Jahr kommen viele tausend Menschen aus westlichen Ländern nach Indien, um dort etwas zu bewegen, und sei es nur für ein paar Monate."
"Auch ich engagiere mich ehrenamtlich – indem ich versuche, diese enorme Energie des ehrenamtlichen Engagements der Freiwilligen zu bündeln und zu kanalisieren. Ich fungiere für viele internationale Studierende renommierter Universitäten als Mentor, insbesondere für Studierende aus den Feldern Maschinenbau und Nachhaltigkeit sowie Innovation. Diese Studierenden wollen ehrenamtlich nach Indien kommen und ich bereite sie darauf vor: Wir lernen uns kennen, tauschen uns aus; ich erkläre den Freiwilligen, was ungefähr auf sie zukommt, mit welchen Herausforderungen sie es womöglich zu tun bekommen werden und worauf sie achten sollten. Ich informiere sie auch über die Eigenheiten, die sie in den randstädtischen Regionen in Indien erwarten – und ich bringe ihnen bei, wie sie Fettnäpfchen vermeiden und sich im indischen Gesellschaftssystem verhalten und zurechtfinden können."
"Der Austausch kann von wenigen Stunden bis mehrere Tage dauern und man lernt sich dabei kennen. Und während ich meine Kenntnisse so weitergebe, erhalte ich durch den Austausch eine ganze Menge zurück. Ich habe zum Beispiel im Lauf der Zeit ein interkulturelles Verständnis bekommen: Europa ist für mich nicht mehr nur Europa, ich sehe jetzt genauer das, was viele Spanier, Deutsche und Engländer jeweils gemeinsam haben. Und ich habe auch manche der Freiwilligen kennengelernt, vor allem, wenn sie nach Indien kamen. Ich glaube, ich habe jetzt in jeder großen Stadt in Europa und Kanada einen Kontakt. Es fühlt sich an, als sei ich mit der Welt vernetzt. Das war nicht der Grund, warum ich mich ehrenamtlich engagiert habe – aber es ist eine von vielen tollen Begleiterscheinungen, die das ehrenamtliche Engagement mit sich bringt.“
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